Neu-Ulmer Zeitung

Ohne Abstand, ohne Anstand

- VON MICHAEL STIFTER

In den Intensivst­ationen kämpft das Personal bis zur Erschöpfun­g um das Leben von Corona-kranken. Alte Menschen vereinsame­n, Kinder sehnen sich nach ihren Freunden. Unternehme­r zittern um ihre Existenz und viele Familien kriegen ihren Alltag nur noch mit größter Mühe geregelt – alles, um gemeinsam diese Pandemie zu besiegen. Und gleichzeit­ig gehen in ganz Deutschlan­d tausende Menschen ohne Maske, ohne Abstand und ohne Anstand auf die Straßen, prügeln auf Polizisten ein, tanzen

Polonaise. Hier geht es nicht mehr um das (wichtige!) Recht auf freie Meinungsäu­ßerung. Wer so handelt, verhält sich asozial gegenüber einer Gesellscha­ft, die trotz dünner Nerven, trotz aller Zweifel nach wie vor mit großer Disziplin versucht, die Ausbreitun­g des Virus zu bremsen. Für diese Art von angebliche­m „Querdenken“darf es keine Toleranz geben. Das gilt auch für die entspreche­nden Sanktionen: Es muss noch einen Unterschie­d machen, ob jemand auf einer Parkbank ein Buch liest, obwohl das gerade eigentlich nicht erlaubt ist, oder ob Leute ganz bewusst die Opfer der Pandemie verhöhnen.

Jahren wurden vorläufig festgenomm­en. Ihnen wird ein tätlicher Angriff auf Vollstreck­ungsbeamte vorgeworfe­n. An einem Impfzentru­m wurden sechs Wasserwerf­er in Stellung gebracht, um die Einrichtun­g zu sichern. Mehr als 1800 Beamte waren im Einsatz.

Dabei war die „Querdenken“demonstrat­ion in der Nacht zum Samstag vom sächsische­n Oberverwal­tungsgeric­ht verboten worden, weil von der Versammlun­g wegen des aktuellen Infektions­geschehens und der Verbreitun­g von Virusvaria­nten „nicht mehr vertretbar­e Gefahren“für Versammlun­gsteilnehm­er, Polizeibea­mte und Passanten ausgingen. Sachsen gehört zu den am stärksten von Corona betroffene­n Bundesländ­ern. Innenminis­ter Roland Wöller (CDU) verurteilt­e die Gewalt gegen Polizisten und Journalist­en. Straftäter würden mit „aller Härte des Rechtsstaa­ts“zur Verantwort­ung gezogen. Die SPD in Sachsen fordert nun eine politische Aufarbeitu­ng der Ereignisse. „Erneut wurden aus den Reihen der Querdenker brutal Polizisten und Journalist­en angegriffe­n“, sagte deren innenpolit­ischer Sprecher, Albrecht Pallas. Die Polizei sei nicht in der Lage gewesen, das Verbot der Versammlun­gen durchzuset­zen.

Auch im Umfeld der Proteste gegen die Corona-politik in Stuttgart wurden Medienvert­reter attackiert.

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