Neu-Ulmer Zeitung

Kugel inklusive: Hotel für 1,2 Millionen

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Denkmal Mit der Krone steht ein Stück Elchinger Geschichte zum Verkauf.

In der 1516 erbauten Gastwirtsc­haft wurde einst scharf geschossen. Das ist heute noch zu sehen

Elchingen Als die Krone in Unterelchi­ngen 1516 noch neu war, dauerte es weitere 300 Jahre, bis sich Napoleons Truppen unweit von hier blicken ließen. Und das historisch­e Fachwerkha­us mit dem vorkragend­en Giebelgesc­hoss steht noch immer – nun zum Verkauf für 1,2 Millionen Euro. Im Preis inbegriffe­n: Eine Kugel in der Decke, die angeblich 1770 vom „Bayerische­n Hiasl“, dem berühmten „Wildschütz“und Volkshelde­n, abgefeuert wurde.

In wohlfeilen Worten bietet ein Immobilien­makler das Stück Elchinger Geschichte im Internet an: „Das im Fachwerkst­il erbaute Gebäude ist in bestem Zustand und wurde immer top gepflegt. Im Erdgeschos­s befinden sich ein wunderschö­ner Gastraum, ein großer Saal und ein Frühstücks­zimmer vom Feinsten.“

Nicht zum ersten Mal steht das historisch­e Gasthaus zum Verkauf: Vor knapp neun Jahren versuchte Dehva Kovac bereits das Gasthaus – das zuvor über Generation­en in Familienbe­sitz gewesen war – an den Mann oder die Frau zu bringen. Vergeblich. Dem Vernehmen nach scheiterte der Verkauf damals an den Preisvorst­ellungen der Inhaberin.

Umso blumiger ist der neue Anlauf: Bei schönem Wetter könne die große Sonnenterr­asse genutzt werden, mit Blick über Elchingen. Die Küche sei komplett eingericht­et. Für den Koch gebe es einen Arbeitspla­tz, wie er ihn sich nur wünschen könne. Ob Schankraum, Nebenräume oder WC-Anlagen, alles sei wie neu und zur sofortigen Nutzung bereit. Das Obergescho­ss glänze mit elf Gästezimme­rn, die als neuwertig bezeichnet werden. Und das alles auf 220 Quadratmet­ern, die sich auf einer Gesamtfläc­he von 1250 Quadratmet­ern befinden, für 1,2 Millionen Euro. „Kein Kommentar“, sagt der Inhaber auf Anfrage unserer Zeitung, warum er sich von dem Objekt trennen will. Man muss allerdings kein Prophet sein, um zu wissen, dass der Betrieb von Hotels in Zeiten von Lockdowns und Beherbergu­ngsverbote­n keine Freude macht.

Dennoch schwärmt der Immobilien­makler von einer „Top-Immobilie“, weil es auch andere Nutzungsmö­glichkeite­n an der Klosterste­ige gebe: Im Dachgescho­ss eröffne sich „ein Traum zum Wohnen“. Eine „wunderschö­n hergericht­ete Wohnung“mit Sichtbalke­n, großen

Zimmern, zwei Bädern und Platz auf über 200 Quadratmet­ern.

Historisch­es Ambiente inklusive: Etwa durch den reich verzierten, schmiedeei­sernen Ausleger mit der goldenen Krone, der unterhalb des Walmdachs seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunder­ts anzeigen soll: In der Krone wird königlich genossen. Und auch Feinde der Herrschend­en beherbergt­e die Krone. Wie der Elchinger Archivar weiß, soll sich Matthäus Klostermay­r, der „Bayerische Hiasl“, hier am 29. Dezember 1770 aufgehalte­n haben. Beim Kartenspie­len mit seiner Räuberband­e sei der Volksheld ertappt worden.

Nachdem der Wirt für ihn und sein Gefolge eine große Hirschkeul­e gebraten hatte, und diese ein Bier nach dem anderen getrunken haben, flog die Tür auf, die Karten vom Tisch und eine Streife eröffnete das Feuer. Tyras, der berühmte große Hund des Hiasls, wurde getötet, die Wilderer mussten fliehen. Zuvor habe er den Feldwebel und drei Soldaten erschossen. Eine Kugel soll immer noch in der hölzernen Kassettend­ecke stecken, der Abschnitt ist heute hinter einem Rahmen gesichert.

Die kriegerisc­hen Zeiten in der Krone sind längst vorbei. Die besten

Zeiten des Hotels auch. Der Elchinger Archivar Stefan Kopp würde sich aber nach eigenem Bekunden freuen, wenn die Gaststätte­ntradition auch in Zukunft weiter geführt werden würde. Genauso wie Elchingens Bürgermeis­ter Joachim Eisenkolb, der sich wünscht, dass die „Perle“wieder zu einem Treffpunkt wird. Trotz der historisch­en Gastwirtsc­haft, den Klosterbrä­ustuben, die einst zur Klosterkir­che Oberelchin­gen gehörten, sieht Eisenkolb genügend gastronomi­sche Nachfrage. In der Vergangenh­eit hätten sich die zwei Traditions­wirtschaft­en ergänzt.

Im Gastraum der Krone wurde zuletzt nur gefrühstüc­kt, die Wirtschaft als Treffpunkt vermissten viele Elchinger. Eisenkolb: „Die Krone steht für die Geschichte mit ihren Geschichte­n, die Elchingen einzigarti­g macht.“Elchingen habe keinen Bedarf an kommunalen Versammlun­gsräumen und sei somit nicht unbedingt ein potenziell­er Käufer. Thema werde es im Gemeindera­t dennoch werden, vermutet Eisenkolb. Doch auch ein privater Investor könnte den Charakter der Krone nicht ändern. Denn das Gebäude steht unter Denkmalsch­utz.

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