Was man auf seiner Garage so bauen kann
Architektur Wie ein Projekt in Königsbrunn überregional für Furore sorgte und warum es Schule machen könnte
2018 den renommierten ThomasWechs-Architekturpreis und den Holzbaupreis Bayern.
Tiny Houses liegen im Trend: Die eleganten Mini-Häuser mit 20 bis 30 Quadratmetern Wohnfläche sind klein, schick und platzsparend. Aber es geht sogar noch effizienter: Ganze 108 Quadratmeter brachte das Architektenteam Stefan Degle und Andreas Matievits auf einer Doppelgarage unter. Die ehemalige Beton-Doppelgarage wurde dabei zum Eingangs- und Besprechungsraum mit angegliederter Garderobe, Teeküche, Server- und Sanitärraum. Für die oberen Geschosse aus massivem Brettsperrholz Wand-, Decken- und Dachelementen aufgebaut.
Eine in den Betonsockel abgehängte Holztreppe führt in die oberen drei Geschosse. In jeder Etage entstand jeweils ein Büroraum mit je zwei bis vier Arbeitsplätzen. Besonders beeindruckend dabei: Die raumhohen und raumbreiten Festverglasungen in jedem Stockwerk, die den Mitarbeitern vom Schreibtisch aus eine fantastische Aussicht bescheren. Für umfangreichen Stauraum sorgen Holzregale mit Schiebetüren, die umlaufend um jeden Raum und begleitend zur Treppe eingebaut wurden. Die Räume sind über Schiebetüren vom Treppenraum abtrennbar. Außen liegende Markisen sorgen bei Bedarf für Verschattung und seitlich zu öffnende Fensterläden ermöglichen eine Belüftung.
Die ehemalige Doppelgarage musste zwar statisch ertüchtigt werden, aber der Aufwand hat sich gelohnt: Dort, wo vorher nur zwei Autos abgestellt wurden, wird jetzt auf mehreren Etagen gearbeitet. Nicht nur Büros machen sich gut auf so kleiner Fläche: „Wir wurden schon gefragt, wann wir das Büro aufgeben, damit man hier wohnen kann“, erzählt Architekt Stefan Degle augenzwinkernd. „Wir haben vor Jahren in einem anderen Projekt auch schon Kinderzimmer auf eine Garage aufgesetzt.“
Für mögliche Nachahmer sind allerdings ein paar Rahmenbedingungen zu beachten: Die größte Herausforderung ist nicht unbedingt die Architektur oder die Statik, sondern das Baurecht. In Wohngebieten gibt es in der Regel genaue Vorschriften zu möglichen Bauhöhen. Bessere Chancen haben Bauvorhaben, bei denen bereits in der direkwurden ten Umgebung größere Bauhöhen realisiert wurden. In Königsbrunn war dies zum Beispiel eine benachbarte Schule. Von Vorteil können auch sehr alte Bebauungspläne sein, da hier unter Umständen eine Neubewertung der Bedingungen vorgenommen werden kann.
Wichtig ist in jedem Fall die Unterstützung der direkten Nachbarn und der kommunalen Behörden. Im Falle des Architekturbüros in Königsbrunn gab es vonseiten der Nachbarn keine Einwände und auch Bürgermeister und vor allem der Gemeinderat unterstützten aktiv das Vorhaben. Ein positives Beispiel für eine qualitätsvolle Verdichtung, die in Zeiten knapper Flächen Schule machen sollte.