Betrifft: September
Die Monate im Jahreslauf haben ein charakteristisches Gepräge. In unseren Köpfen hat jeder Monat eine eigene Farbe, irgendwie. Mai ist blümchenbunt, Juli ist baggerseeblau, August maisfeldgrün, November ist nebelgrau, Januar zappenduster. Und alle Monate haben einen individuellen Duft. Dezember riecht nach Zimt, Februar nach Schnee, Oktober nach modernden Äpfeln.
Kein Monat fühlt sich an wie der andere. Dezember ist Weihnachtsstress, März ist Frühlingserwachen. Und der September? Ist Rückkehr zur Normalität. Überhaupt: Rückkehr. Da kommen sie alle wieder, aus den Sommerferien, aus dem Open-Air-Leben. Der Schlussverkauf ist durch, das ganze Theater geht von vorne los. Der September ist der große Einrastmonat – Alltage sind wieder Alltage und die Zahnrädchen greifen wieder ineinander. Die Zappelphilippe werden eingenordet auf Disziplin. Die Stundenpläne sind gemacht, die größten Baustellen geflickt. Der Zeitschriftenladen um die Ecke hat wieder geöffnet, der Schuster ist zurück, die Laternenparkplätze werden knapp, Sonnenschirme verschwinden langsam aus dem Straßenbild. Die Busse sind voller und die Staus im Berufsverkehr wieder länger, Spätschicht schon mit Abblendlicht. Der September ist ein Übergangsmonat, der hin- und herwogt zwischen Altweibersommer und Herbst, zwischen Festhalten und Loslassen. Die Kastanien hängen voller Kugeln wie Weihnachtsbäume, aber im Freibad riecht es noch nach Juli. Man hat das Gefühl, dass der September auch den Umzug von draußen nach drinnen markiert – und zwar einen Umzug, den man besser nicht mehr barfuß unternimmt. Noch bleiben ein paar Wochen bis November.
Und hey: Der Herbst ist immer unsere beste Zeit. Meint wer? Goethe. Wahrscheinlich gerade zurück aus Italien.