Drama im Herzen von Paris
Unglück Notre-Dame ist ein Wahrzeichen der französischen Hauptstadt. Flammen schlugen aus ihrem Dachstuhl, ein Turm stürzte ein. Wie viel kann von der berühmten Kathedrale überhaupt noch gerettet werden?
Paris Wieder Alarm in Paris. Überall Sirenen, überall Polizei und Feuerwehrfahrzeuge. Notre-Dame, die berühmte Kathedrale im Herzen der französischen Hauptstadt, brennt lichterloh. Flammen schlagen aus dem Dachstuhl. Passanten sprechen von einer Katastrophe. Der kleine Spitzturm auf dem Dach des monumentalen Bauwerks stürzt einfach in sich zusammen. Durch die Menschenmenge an den Ufern der Seine geht ein Raunen. Bald greifen die Flammen auch auf den Hauptglockenturm hinter den beiden Zwillingstürmen und das Dach über dem Hauptschiff über. Wie schwer der Brand die Kirche zerstört hat und was noch zu retten ist – in Paris fürchtet man das Schlimmste.
Eine riesige Rauchsäule und rußige Wolken schwebten über dem Bauwerk und räucherten das ganze Viertel auf der Pariser Stadtinsel Île de la Cité ein, das bei Touristen beliebt ist und nicht nur symbolisch das Herz der Metropole darstellt: Exakt vom Platz vor der Kathedrale aus, die vom zwölften bis zum 14. Jahrhundert errichtet wurde, wird der Abstand zwischen Paris und anderen Städten gemessen.
Das genaue Ausmaß der Schäden an der äußeren Struktur wie auch an der Inneneinrichtung, die überwiegend aus Holz besteht, dürfte erst in den kommenden Tagen und Wochen bekannt werden. Aber sie drohen dramatisch zu sein. „Vom Balkenwerk, das auf der einen Seite aus dem 19. Jahrhundert und auf der anderen aus dem 13. Jahrhundert stammt, wird nichts übrig bleiben“, sagte der Sprecher der Kathedrale, André Finot. Gegen 18.30 habe man einen Alarm gehört, die Feuerwehrleute waren innerhalb von kurzer Zeit zur Stelle. Er könne nicht sicher ausschließen, dass sich zum Zeitderen punkt des Brandes, der wohl vom Dachstuhl ausging, niemand im Gebäude befand. Zunächst wurde nichts über mögliche Verletzte bekannt.
Noch am Abend leitete die Pariser Staatsanwaltschaft Ermittlungen ein. In den französischen Medien war zumeist von einem Zusammenhang mit den aufwendigen Renovierungsarbeiten die Rede, die derzeit am Dachstuhl des historischen Gebäudes durchgeführt werden und Die frühgotische Pariser Bischofskirche Notre-Dame gilt vielen als Inbegriff von Frankreichs Kathedralen. Das monumentale Kircheninnere mit fünf Schiffen ist 130 Meter lang und 35 Meter hoch. Die beiden Türme der Fassade erreichen 69 Meter Höhe. Der Nachfolgebau früherer Bischofskirchen wurde 1163 begonnen. Bereits 1182 war der
Chor fertiggestellt, danach folgten das Hauptschiff sowie die Westfassade (1225) und die Türme (1250). Wie so viele Kirchen in Frankreich erfuhr die Kathedrale der Hauptstadt während der Revolution tiefe Demütigung. Erst Napoleon ordnete 1802 wieder eine Nutzung für den Gottesdienst an und krönte sich hier 1804 zum Französischen Kaiser. Kosten sich auf insgesamt rund 120 Millionen Euro belaufen sollten. Der zuständige Chefarchitekt, Philippe Villeneuve, konnte in einer ersten Reaktion keinerlei Erklärung für mögliche Gründe abgeben. „Es ist eine Katastrophe, über die ich weine. So ein Desaster ist unvorstellbar“, sagte er der Zeitung
Zum Zeitpunkt des Brandes sei kein Arbeiter auf der Baustelle gewesen.
Die französische Hauptstadt und das ganze Land waren in den vergangenen Jahren von einer islamistischen Terrorwelle getroffen worden. Die Terrorfrage stellte sich auch jetzt wieder – schließlich war auch Notre-Dame ein potenzielles Ziel von Attentätern. Die Polizei geht aber am Abend zunächst nicht von einem terroristischen Hintergrund aus.
Bürgermeisterin Anne Hidalgo beklagte den „schrecklichen Brand“, den die Feuerwehr in den Griff zu bringen versuche. Sie bitte alle, den vorgegebenen Sicherheitsabstand einzuhalten, mahnte sie. Schockiert, manchmal auch weinend standen Touristen und Stadtbewohner hinter den Absperrungen und starrten ungläubig auf das Feuer-Spektakel, welches das einzigartige Bauwerk mit jeder Minute mehr zerstörte. Rund 400 Feuerwehrleute waren im Einsatz, die allerdings erkennbare Probleme dabei hatten, den wütenden Flammen Herr zu werden.
Präsident Emmanuel Macron, der über Twitter erklärte, er sei „traurig, diesen Teil von uns brennen zu sehen“, eilte noch am Abend an den Ort des Geschehens. Eigentlich hätte gestern Abend Macron eine Rede im französischen Fernsehen halten sollen, in der er Maßnahmen ankündigte, um die aktuelle soziale Krise zu überwinden. Ihre Ausstrahlung wurde verschoben.
Notre-Dame