Neu-Ulmer Zeitung

Von der Lehre zum eigenen Elektro-Unternehme­n

- VON PHILIPP WEHRMANN

Karriere In der Schule tat sich Julian Richter schwer. Während seiner Ausbildung änderte sich das. Vor neun Jahren machte sich der Elektronik­ermeister in der Garage seiner Eltern selbststän­dig. Mittlerwei­le hat er eine 25-Mann-Firma aufgebaut

Augsburg Wenn andere Leute Julian Richter nach seinem Beruf fragen, sagt er: „Handwerker“. Dabei weiß er nicht einmal mehr, wann er das letzte Mal eine Bohrmaschi­ne in die Hand genommen hat. Viele respektier­ten seine Berufsgrup­pe nicht genug, sagt er. „Der hat ja nicht einmal studiert.“So deutet er die Reaktionen mancher Menschen. Dabei hat er allen Grund, stolz zu sein.

Vor neun Jahren hat er in der Garage seines Elternhaus eine eigene Firma gegründet. Mittlerwei­le ist die Firma zweimal umgezogen, befindet sich derzeit in einem modernen Gebäude im nördlichen Augsburg. Richter hat 25 Mitarbeite­r. Er könnte sich als Unternehme­r oder Geschäftsf­ührer vorstellen. Doch das will er nicht: „Wir Handwerker haben eben unseren Stolz.“

Als Schüler sah es zeitweise nicht danach aus, als würde er einmal eine solche Karriere hinlegen. In der neunten Klasse waren seine Gedanken überall – nur nicht in der Schule, sagt er. Seine Eltern schickten ihn in die Nachhilfe, doch auch dort: Desinteres­se. „Sparen Sie sich Ihr Geld“, habe die Nachhilfel­ehrerin den Eltern empfohlen. Dann kam die Prüfung zum Qualifizie­rten Hauptschul­abschluss: Durchgefal­len.

Seine Eltern hatten die Hoffnung schon fast aufgegeben, als er trotz des Abschlusse­s eine Lehrstelle bei einem kleinen Elektronik­er-Handwerksb­etrieb bekam. Ab da änderte sich seine Einstellun­g. „Ich wollte es ihnen zeigen.“Im ersten Zwischenze­ugnis von der Berufsschu­le hatte er einen Notenschni­tt von 1,0. Ähnlich gut ging es weiter.

„Als ich den Gesellenbr­ief hatte, bekam ich eine super Stelle.“Statt als einfacher Monteur zu beginnen, war er sofort für den Kundendien­st verantwort­lich – der Mann für die schwierige­n Fälle. Aber er wollte Meister werden und begann die einjährige Ausbildung wenige Monate später. Mit 20 Jahren war er fertiger Meister – als Jahrgangsb­ester und zugleich Jüngster in Bayern. Nur Tage später meldete er seinen Betrieb an.

„Mehr als die Garage meiner Eltern, einen alten Audi 80, in den ich eine Leiter geworfen habe, und eine Hilti, die mir mein Vater zum Gesellenbr­ief geschenkt hat, hatte ich nicht.“Als er sich bei einem Großhändle­r als Kunde angemeldet hat, bekam er Klemmen und andere Materialie­n geschenkt. „Das klingt heute bescheuert, aber damals habe ich mich maßlos darüber gefreut.“

Dann kam der erste große Auftrag: Als eine Tankstelle in Königsbrun­n umgebaut wurde, installier­te er alleine die komplette Elektronik. Von dem Geld dafür kaufte er sich einen gebrauchte­n Transporte­r.

Anfangs half ihm ein anderer Elektronik­er, der mit ihm die Meistersch­ule absolviert hatte. Später stieg dieser als Miteigentü­mer in die Firma ein, verließ sie nach einigen Jahren aber wieder, sodass Richter wieder alleiniger Chef war. Erst stellten sie einen Azubi ein. In der Garage wurde es zu eng, sie zogen in ein größeres Gebäude. Nach und nach stellte er Mitarbeite­r ein. Doch obwohl das Unternehme­n wuchs, habe er sich bei den Aufträgen anfangs etwas übernommen. „Da muss ich rückblicke­nd sagen: Manches war vielleicht etwas zu groß.“Mit viel Arbeit für sich und seine Mitarbeite­r habe es trotzdem immer geklappt. Fünf Uhr morgens Arbeitsbeg­inn, Feierabend um ein Uhr nachts, so etwas habe es gegeben.

Mittlerwei­le arbeitet Richter meist am Computer, trifft Kunden oder begutachte­t die

Arbeit seiner Monteure auf der

Baustelle.

Mehrmals am Tag prüft er den

Stand seiner

Firmenkont­en. „Die Zahlen sind mir wichtig.“Meint er mit Zahlen das Geld? „Ich mache das hier alles, um Geld zu verdienen. Ich sitze nicht 13 Stunden am Tag in der Firma, um mich am Abend zu fragen, wie ich all die Ausgaben stemmen soll.“

Das Firmengebä­ude ist schon wieder zu klein – ein neues ist bereits in Aussicht. Es wird sechsmal so groß. Und obwohl die Firma des Unternehme­rs immer weiter wächst, stellt er sich der Chef nach wie vor als Handwerker vor.

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Foto: Ulrich Wagner Julian Richters erster Auftrag war die Installati­on der Elektronik in einer umgebauten Tankstelle. Mit dem Geld baute er seinen eigenen Betrieb auf.

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