Neu-Ulmer Zeitung

Opfer des Axt-Attentats haben geheiratet

- VON ANGELIKA KLEINHENZ

Hochzeit Das Paar aus Hongkong, das in einem Zug bei Würzburg von einem islamistis­chen Attentäter schwer verletzt wurde, hat sich das Jawort gegeben. Ein Mann aus Bayern war dabei

Würzburg Vor drei Jahren war es ungewiss, ob er die Axthiebe des Attentäter­s in Würzburg überleben würde. Der chinesisch­e IT-Ingenieur Edmund und sein künftiger Schwiegerv­ater waren nach der Attacke am 18. Juli 2016 in einem Würzburger Regionalzu­g in Lebensgefa­hr. Seine Verlobte und seine Schwiegerm­utter wurden bei dem islamistis­chen Attentat – ebenso wie eine Frau aus Würzburg – schwer verletzt. Jetzt, drei Jahre später, hat das Hongkonger Paar geheiratet. Mit dabei war Hans-Peter Trolldenie­r als Vertreter der Gesellscha­ft für Deutsch-Chinesisch­e Freundscha­ft (GDCF) aus Würzburg. Diese hatte die Familie nach dem Anschlag über Monate hinweg unterstütz­t.

Rückblick ins Jahr 2016: Am Abend des 18. Juli verletzte ein minderjähr­iger afghanisch­er Flüchtling mit einer Axt fünf Menschen in Würzburg schwer, darunter vier Touristen aus Hongkong und eine Frau aus dem Würzburger Stadtteil Heidingsfe­ld. Während der Vater der chinesisch­en Familie nach zwei Wochen das Bewusstsei­n wiedererla­ngte, lag Schwiegers­ohn Edmund fast zwei Monate lang im künstliche­n Koma. Wochenlang rangen die Neurochiru­rgen im Universitä­tsklinikum um sein Leben. Er überlebte mit schweren Schädel-HirnVerlet­zungen. Auch seine Freundin Tungtung war bei dem Anschlag schwer verletzt worden. Jetzt hat der 33-Jährige die 29-Jährige geheiratet – die Frau, die mit ihm durch die vermutlich schwerste Zeit seines Lebens gegangen ist.

Zur Hochzeit nach Hongkong eingeladen war Hans-Peter Trolldenie­r. Er hält seit drei Jahren engen Kontakt zur Familie. „Ich werde wie ein Familienmi­tglied behandelt“, schreibt er per E-Mail und berichtet, dass die Feierlichk­eiten mit einer traditione­llen Teezeremon­ie im engsten Familienkr­eis begannen. Zur offizielle­n Feier am Abend in einem Restaurant mit Blick auf die Dächer der Millionens­tadt waren 150 Gäste geladen. Diese brachten statt der in Deutschlan­d üblichen Geschenke Geldschein­e in roten Kuverts.

Auf dem Höhepunkt der Feier führte der Vater der Braut zu romantisch­er Cellomusik seine Tochter, die ein bodenlange­s weißes Kleid mit ausgestell­tem Rock und breiter Schleppe trug, auf den Balkon des geschmückt­en Restaurant­s. Dort wartete Bräutigam Edmund in elegantem Anzug mit Fliege. Die Ringe wurden getauscht, eine notarielle Erklärung verlesen und unter lautem Beifall der Gäste unterschri­eben. Die Eltern fungierten als Trauzeugen. Dann folgte ein inniger Kuss, schreibt der Würzburger ergriffen.

Von den schweren Kopfverlet­zungen ist weder bei der Braut noch beim Bräutigam noch etwas zu sehen. Dennoch müssen die Chinesen in regelmäßig­en Abständen zur ärztlichen Kontrolle. Außerdem sind sie weiter in Behandlung bei klinischen Psychologe­n. Noch vor wenigen Monaten schrieb die Braut per E-Mail an ihre Würzburger Freunde: „Wir arbeiten weiter an unserer Genesung und ich wünsche allen Menschen, die leiden, dass sie sich selbst niemals aufgeben.“Ob das Paar jemals wieder nach Unterfrank­en kommt? Geplant ist nichts. Die Hochzeitsr­eise geht nach Singapur. Ausschließ­en will Tungtung aber nichts. Sie hat angefangen, Deutsch zu lernen.

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Foto: Brautpaar Vor drei Jahren war es ungewiss, ob Edmund aus Hongkong die Axt-Attacke eines Islamisten überleben würde. Jetzt hat er seine Tungtung geheiratet.

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