Beethoven rasant
Konzert Die Heidelberger Sinfoniker faszinieren in der Festhalle des Illertisser Kollegs mit ihrer besonderen Spielweise
Illertissen Wenn der Dirigent den Taktstock durch seinen Geigenbogen ersetzt, klingt das spannend – wie auch Sonntagabend in Illertissen mit Thomas Zehetmair und den Heidelberger Sinfonikern zu erleben war. Der Sologeiger verstand es, beide Rollen miteinander zu verbinden: mal Geige und Bogen in der linken Hand, um mit der rechten zu dirigieren, mal dem Publikum beim Spielen zugewandt.
Der Abend stand ganz im Zeichen Ludwig van Beethovens und für die Sinfoniker war es nach Kufstein und Heidelberg das dritte Konzert mit diesem Programm. 400 Besucher waren in die Festhalle des Kollegs gekommen und applaudierten begeistert. Dabei schien es dem 49 Musiker zählenden Ensemble selbst Freude zu bereiten, den Saal mit virtuosem Spiel, mal sattem, mal zartem Klang zu füllen.
Den Auftakt bildete das bekannte Violinkonzert in D-Dur, das 1806 in Wien uraufgeführt wurde. Ihm wird Vorbildcharakter für spätere Komponisten nachgesagt, aber auch, dass es schwer zu spielen sei.
Die Heidelberger Sinfoniker begannen ihre Aufführung temporeich und mit großer Klangfülle. Thomas Zehetmair hatte Geige und Bogen schon in der Hand, als er sich von der Dirigentenposition zum Publikum umdrehte und sein Solospiel begann. Als ob beim Beobachten der hin- und herrasenden Finger die technische Perfektion besser zu erfassen, die filigranen Klangunterschiede schöner zu hören seien, richten sich alle Augen auf ihn. Etwa bei ausgedehnten Trillerpassagen, die der Künstler in unterschiedlichen Tempi und Lautstärken gera- dezu zelebrierte, ohne sie romantisch zu überfrachten. Seine rasanten Läufe waren atemberaubend.
Zugleich hatte der Virtuose stets das Ensemble im Blick, indem er über den mitgehenden Körper oder die Haltung der Geige den Takt vorgab. Ein ungewöhnliches Klangerlebnis war auch, wie sich Sologeige und Trommel im Duett begegneten. Das Violinkonzert endete mit einer Fülle an Doppelgriffen und gestoßenen Noten.
Weniger romantisch und ohne Geigensoli sondern heroisch mit kurzen, hämmernden Noten hat Beethoven die dritte Sinfonie in EsDur komponiert. Sie wurde 1805 uraufgeführt und hat den Beinamen „Eroica“– zu deutsch: die Heroische. Die Sinfoniker setzten dieses Bild hörbar deutlich um: etwa mit finsteren Klangfolgen beim zweiten der vier Sätze, genannt „Marcia Funebre“oder „Trauermarsch“. Sodann die mit kurzen Bogenstrichen gestoßenen oder angerissenen Noten beim Scherzo. Die atemlose Spielweise hielt bis zum Schluss, den die Trommel theatralisch vorbereitete. Das Publikum zeigte sich ergriffen, etliche blieben länger sitzen als nötig.
Dabei ist es interessant zu wissen, dass die Heidelberger Sinfoniker nicht als festes Ensemble zusammen spielen. Aber sie setzen ihre historisierende Spielweise bei alljährlichen Konzerten in verschiedener Besetzung – wie vor 25 Jahren begonnen – im Stil ihres ehemaligen Dirigenten Thomas Fey fort. Drei intensive Probentage waren nötig, um das Beethoven-Konzert einzustudieren.