Jugendliche Intensivtäter bereiten weiterhin Sorgen
Jahresbilanz Der Amtsgerichtsdirektor hat aber auch eine positive Entwicklung bei jungen Straftätern zu verkünden
Neu-Ulm Die Zahl der jugendlichen Intensivtäter im Landkreis NeuUlm nimmt nicht ab – im Gegenteil: Wurden 2016 noch 64 Fälle und im Jahr darauf schon 77 Fälle vor dem Jugendschöffengericht, das für schwere Straftaten zuständig ist, verhandelt, waren es im vergangenen Jahr 81. „Die Zahlen lassen sich nicht abbauen“, berichtete Amtsgerichtsdirektor Thomas Mayer bei der Jahresbilanz. Doch er hatte auch positive Nachrichten zu verkünden.
Besonders auffällig ist laut Richter Stefan Nielsen generell die gestiegene Anzahl von Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte sowie tätliche Angriffe. „Das sind in der Regel auch sehr aufwendige Verfahren“, sagte er. Denn oft spielten Rauschmittel eine Rolle und der Angeklagte sage dann, er könne sich nicht an die Tat erinnern. Deshalb müssen Zeugen her – und die Verhandlung wird länger und damit teurer. Wie Mayer ausführte, haben es oft besonders junge Polizisten schwer. „Da sind die Beamten oft jünger als der Täter und dann fehlt der Respekt – trotz Uniform.“
Die Zahl an Scheidungen, die beim Gericht aufschlugen, ist laut Mayer zwar auf einem hohen Niveau, dennoch ist sie in den vergangenen Jahren gesunken. „Früher gingen die Leute viel früher in die Ehe rein – und auch schneller wieder raus.“Unterhaltsklagen sind ebenfalls leicht zurückgegangen, berichtete Mayer. „Die Sachen werden jetzt mehr außergerichtlich von Anwälten erledigt.“Doch dafür seien die verbliebenen Fälle – 2018 waren es 140 Stück – „oft schon Hardcore“, sagte der Amtsgerichtsdirektor. Schließlich gehe es um viel Geld. „Da wird natürlich dann gekämpft auf Teufel komm raus.“
Auch das Thema Gewaltschutz sprach Mayer an: „Im Schnitt schlägt bei uns mehr als einmal pro Woche eine Partei auf, die sich gestalkt oder verfolgt fühlt.“56 solcher Fälle wurden im vergangenen Jahr in Neu-Ulm verhandelt. Vor Gericht spielten sich dann oft „Riesendramen“ab, so Mayer. Bei ihm als Strafrichter landen solche Geschichten erst später – nämlich dann, wenn jemand gegen ein vorher festgesetztes Näherungsverbot verstoßen hat. Von dem hierfür bislang festgelegten Strafmaß – angefangen von Geldstrafe bis maximal ein Jahr Gefängnis – hält der Amtsgerichtsdirektor nicht besonders viel. „Das macht oft keinen Eindruck. Das ist ein Stück weit ein Papiertiger.“Dass derzeit diskutiert wird, die Höchststrafe auf zwei Jahre zu erhöhen, greift für Mayer nicht weit genug. „Ich würde das dem Diebstahl gleichsetzen.“Für diese Tat liegt die Maximalstrafe bei fünf Jahren Haft.
Bei der Verfahrensdauer liegt das Amtsgericht über dem Landesdurchschnitt. „Wir sind schnell“, betonte Mayer. Sorgen mache ihm hingegen, dass die Schwierigkeit der Verfahren stetig zunehme. Der Prozess gegen einen mutmaßlichen Kokain-Zwischenhändler, der am Mittwoch begonnen hat (wir berichteten),
„wäre vor Jahren noch beim Landgericht in Memmingen gelaufen“.
Erfreulich dagegen: Die Akzeptanz der Urteile steigt. Und eine weitere gute Nachricht für den Landkreis: 2018 mussten insgesamt weniger Straftaten in Neu-Ulm verhandelt werden – vor allem von Jugendrichtern. Denn obwohl die Zahl der Intensivtäter in dieser Altersgruppe nicht abnimmt – die „Jugendsünder“, die kleinere Straftaten begehen, werden weniger. Laut Mayer hängt das auch damit zusammen, dass beispielsweise immer mehr Jugendliche eine Ausbildung haben. „Ein Jugendlicher, der keine sinnvolle Beschäftigung hat, hat einfach mehr Blödsinn im Kopf“, sagt Mayer. Er fasst zusammen: „Die Jugend ist besser geworden.“