Stadt Ulm benennt Heilmeyer Saal um
Der Gründungsrektor der Uni stand dem Nazi-Regime nahe. Wie der Raum stattdessen heißen soll
Ulm Er war Gründungsrektor der Uni Ulm, hat als Arzt, Wissenschaftler und Bürger der Stadt viel geleistet. Als Vorbild gilt Ludwig Heilmeyer in Ulm dennoch nicht mehr – zumindest nicht mehr uneingeschränkt. Historiker werfen dem Mediziner seine unkritische Haltung zum Nationalsozialismus und sein Verhalten in der Nachkriegszeit vor. Darf eine Straße den Namen dieses Manns tragen? Und darf ein Saal, den vor allem soziale Gruppen und Verbände für Treffen und Veranstaltungen nutzen, nach ihm benannt sein?
Schon seit Langem schwelt diese Diskussion in Ulm. Nun hat die Stadt eine erste Entscheidung getroffen. Der Heilmeyer-Saal im Ochsenhäuser Hof wird in Felix-Fabri-Saal umbenannt. Am 5. Dezember spricht der emeritierte Stuttgarter Geschichtsprofessor Folker Reichert dort über den neuen Namensgeber, den Mönch und ersten Chronisten der Stadt. Vor 550 Jahren versetzte der Dominikanerorden Fabri nach Ulm.
Kulturbürgermeisterin Iris Mann begründet die Entscheidung, dem Saal einen neuen Namen zu geben, mit der persönlichen Geschichte Heilmeyers – und mit dem Ort, an dem sich der Saal befindet. „Der Name ist entstanden, als die Uni noch dort war“, erklärt Mann. Inzwischen gebe es keinen räumlichen Zusammenhang mehr zwischen dem Gründungsrektor und dem Ochsenhäuser Hof. Bei Felix Fabri ist das anders: Der Mönch und Chronist hat dort gewirkt.
Auch die zwiespältige Geschichte Ludwig Heilmeyers spielte bei der Entscheidung der Stadt eine Rolle. „Seine Vorbildfunktion hat sich durch die neuen Erkenntnisse relativiert“, sagt Mann. Seit dem Frühjahr des vergangenen Jahres wird in Ulm und Günzburg über Heilmeyer debattiert. In beiden Städten wirkte der Mediziner. Günzburg hat ihn wegen seiner Verdienste sogar zum Ehrenbürger ernannt, dort ist die Ludwig-Heilmeyer-Straße bei den Kreiskliniken nach dem Arzt benannt.
Ins Rollen kam die Debatte, nachdem eine Freiburger Kommission aus Historikern und Politologen einen Bericht veröffentlichte. Darin wurde die dunkle Seite Heilmeyers erstmals öffentlich bekannt: Der herausragende Wissenschaftler stand dem nationalsozialistischen Unrechtsregime nahe. Zwar wurden seine Anträge, in die NSDAP aufgenommen zu werden, abgelehnt. Auch Unterstützung bekam er nicht. Doch in der Nachkriegszeit setzte er sich bei den Nürnberger Prozessen für die Rehabilitierung des KZ-Arztes Wilhelm Beiglböck ein, der in Dachau Menschenversuche an Sinti und Roma vorgenommen hatte. Zudem veröffentlichte Heilmeyer nach dem Krieg ein Lehrbuch unter seinem Namen, das eigentlich ein von den Nazis ermordeter Jude verfasst hatte.
Eine Arbeitsgruppe des Gemeinderats berät derzeit über Kriterien für Paten von Straßen in der Stadt. Auch die Frage, wann ein Weg einen neuen Namen bekommen soll, spielt dabei eine Rolle. Die Arbeitsgruppe hat die Entscheidung, den Heilmeyer-Saal in Felix-Fabri-Saal umzubenennen, abgesegnet. Weil keine Dritten, wie Anwohner, betroffen sind und das Gebäude der Stadt gehört, könne dieser Name ohne Weiteres verändert werden, erläutert Mann.
Ob auch die Heilmeyersteige am Oberen Eselsberg umbenannt wird, steht noch nicht fest. Bis zur Entscheidung werde es noch einige Zeit dauern, kündigt die Kulturbürgermeisterin an. „Es ist eine heikle Angelegenheit, die weitere Kreise ziehen kann“, sagt sie.