Warum der Arzt seltener kommt
Eine Statistik besagt, dass die Zahl der Hausbesuche bundesweit spürbar zurückgeht. Spielt die Angst vor Strafen bei zu vielen Behandlungen daheim eine Rolle? In Bayern wohl nicht
Es gibt noch die Ärzte, die womöglich morgens schon vor der Sprechstunde zu Hausbesuchen rausfahren und abends noch danach. Aber sie werden offenbar rarer. Für die Ursachen dieser Entwicklung gibt es Erklärungsversuche. Ärzte verweisen auf die aus ihrer Sicht magere Vergütung. Immer mehr Patienten holen sich außerhalb der Sprechstundenzeiten Hilfe in Bereitschaftspraxen, sagen andere Experten. Der Gesundheitsexperten der Linken im Bundestag, Achim Kessler, meint, die Angst von Hausärzten vor Rückzahlungen für zu viele Hausbesuche sei ein Auslöser.
Ein Hausbesuch ist immer dann erforderlich, wenn die Patientin oder der Patient wegen seines Leidens nicht in die Praxis kommen kann. Deren Zahl ist bundesweit zwischen 2009 und 2016 von gut 30 auf gut 25 Millionen zurückgegangen, erklärt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Anfrage der Linken. Und sie beruft sich dabei auf Statistiken der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.
Ob die vorgelegten Zahlen die Wirklichkeit vollständig wiedergeben, kann bezweifelt werden. Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) verweist ausdrücklich darauf, dass es seit dem Jahr 2009 die Verträge zur hausarztzentrierten Versorgung gibt. Die hätten viele Patienten unterschrieben. Deren Daten lägen der KVB aber nicht vor. Das mache es unmöglich, „eine valide Abschätzung bezüglich der Gesamtentwicklung der Hausbesuche über die letzten Jahre vorzunehmen“, erklärte eine Sprecherin.
Im Jahr 2017 wurden in Bayern laut KVB insgesamt 5,3 Millionen ärztliche Hausbesuche bei Versicherten der gesetzlichen Kassen verzeichnet, und zu 90 Prozent waren es Hausärzte, die zu ihren Patienten kamen. Rund fünf Millionen Besuche waren regulär, 332 000 erfolgten im Bereitschaftsdienst. 2009 wurden den Zahlen der Bundesregierung zufolge in Bayern knapp 5,2 Millionen Hausarztbesuche (2016: 4,6 Millionen) registriert. Die rückläufige Entwicklung im Freistaat macht sich auch in der Zahl der Besuche pro Hausarzt bemerkbar: Sie sank im Vergleichszeitraum von 603 pro Arzt und Jahr auf 537.
24 Euro bekommt ein Arzt für einen Hausbesuch, sagt Schwabens Hausärztechef Jakob Berger (Meitingen, Kreis Augsburg). Wenn man davon ausgehe, dass solch ein Besuch 30 bis 45 Minuten in Anspruch nimmt, müsse man sich das schon überlegen. Die Kassenärzte sind zugleich verpflichtet, wirtschaftlich zu arbeiten. Überschreiten sie bei ihren Abrechnungen deutlich den Durchschnitt, drohen Honorarrückzahlungen – zum Beispiel berechnet sich nach Durchschnittswerten, die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sein können. Betroffene Ärzte in Hessen beklagen deshalb, dass auch viele Praxen in Ballungszentren eingerechnet werden. In Frankfurt oder Wiesbaden mache aber kaum noch einer der Kollegen Hausbesuche, was die Durchschnittswerte nach unten drücke, betont Kessler.
Von einem alarmierenden Trend spricht die Deutsche Stiftung Patientenschutz. Es sei absurd, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen zu viele Hausbesuche mit Honorarkürzungen bestraften. „Verlierer sind pflegebedürftige, demenziell erkrankte und multimorbide Menschen, die auf ihren Hausarzt daheim hoffen“, sagt Vorstand Eugen Brysch.
Nicht immer ist aber ein Hausbesuch auch wirklich angesagt. In Ärztekreisen wird gerne folgende Geschichte kolportiert: Der Arzt kommt zum Hausbesuch und ihm wird gesagt, die Patientin sei gerade nicht da. Auf Rückfrage heiße es dann, sie sei beim Friseur, er solle doch morgen noch mal vorbeischauen. Diese Art Hausbesuch mögen die Ärzte überhaupt nicht.
Deutschland hinkt beim Klimaschutz seinen selbst gesteckten Zielen weit hinterher. Statt wie angekündigt den CO2-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent zu senken, steuert das Land auf eine Reduktion von nur 32 Prozent im Vergleich zu 1990 zu. Einen Bericht, der die sogenannte Klimaschutzlücke auf acht Prozentpunkte beziffert, verabschiedete das Bundeskabinett am Mittwoch in Berlin. Bisher war von fünf bis acht Prozentpunkten die Rede.
Als Gründe nannte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) das unerwartet hohe Bevölkerungsund Wirtschaftswachstum. Zudem habe man die Wirkung von zusätzlichen Klimaschutzmaßnahmen überschätzt. Die Aufholjagd sei „leider nicht ganz“gelungen, sagte Schulze im Bundestag. Aktuelle Trends etwa im Verkehr ließen befürchten, dass die Lücke sogar noch größer ausfalle. „Wir müssen unser 40-Prozent-Etappenziel so schnell wie möglich erreichen.“Allerdings gibt es dazu bisher kaum konkrete Vorschläge der Bundesregierung. Von Ende Juni an soll eine Kommission über den Ausstieg aus dem klimaschädlichen Kohlestrom beraten und darüber, wie man dem 2020-Ziel möglichst nahe kommt – Ergebnisse sollen Ende des Jahres vorliegen.
Eine ähnliche Kommission für den Verkehr, die auch im Koalitionsvertrag angekündigt ist, sei kein Thema im Kabinett gewesen, sagte Schulze. Die einzig konkret angekündigte Sofortmaßnahme für den Klimaschutz, ein schnellerer Ausbau von Wind- und Sonnenstrom, steckt fest: SPD und Union streiten sich um die sogenannten Sonderausschreibungen, ein entsprechendes Gesetz von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) wird wohl nicht wie geplant vor der Sommerpause verabschiedet.