In jeder Kneipe wollte er einen Pint trinken
noch immer genießen kann.
Marx lebte von 1849 bis zu seinem Tod 1883 in London, aber er bewegte sich dort fast ausschließlich unter Landsleuten und verlor nie seinen starken deutschen Akzent. Begegnungen mit Einheimischen liefen regelmäßig auf ein Fiasko hinaus. Einmal nahm er sich mit seinen Freunden Liebknecht und Edgar Bauer vor, sich in jedem Pub zwischen der Einkaufsstraße Oxford Street und seinem Wohnort Hampstead mindestens ein Pint zu genehmigen. Am Ende der Kneipentour war Marx natürlich reichlich angeheitert. In dieser Stimmung fing er Streit mit Engländern an: Ihr Land könne sich mit der deutschen Kultur nicht messen, provozierte er sie. Genies wie Mozart und Beethoven habe die Insel nie hervorgebracht. Eine Schlägerei konnte gerade noch abgewendet werden.
Anfang der 1880er Jahre ging es mit Marx’ Gesundheit bergab. Als Engels am Nachmittag des 14. März 1883 zu seinem üblichen Besuch bei ihm in der Maitland Park Road eintraf, fand er ihn tot in seinem Lieblingssessel am Kamin vor. Drei Tage später, am 17. März, wurde Marx im benachbarten Highgate neben der 15 Monate zuvor verstorbenen Jenny bestattet. Nur ein Dutzend Trauergäste war zugegen.
Der Friedhof ist beeindruckend. Schiefe Kreuze, verwitterte Grabsteine, halb überwuchert von Bäumen und Sträuchern – und dann plötzlich der Kopf eines bärtigen Riesen. „Charlie“, wie Karl Marx hier auf dem Friedhof genannt wird. Das bombastische Grabdenkmal stammt aus den 1950er Jahren. Marx als Ikone, als Held des Sozialismus.
Wer es auf seinen Spuren reisend bis hierher geschafft hat, ahnt nun, dass sich hinter dem Prophetenbart ein echter Charakterkopf verbarg: ein Mensch mit Ecken und Kanten, mit dem man zu gern mal einen Abend im Pub verbracht hätte.