Das Oster-Ei
In diesem Jahr verspürten viele Menschen in der Passionszeit eine tiefe Sehnsucht nach warmen Tagen. Der Winter hielt uns lange im Griff. Die kalten dunklen Tage wollten nicht mehr aufhören. Umso mehr wurden dann wärmende Sonnenstrahlen aufgesogen, der Cappuccino auf der Terrasse genossen. Die aufbrechenden Blüten, Forsythien, Frühlingsblumen, Osterglocken, wurden heuer besonders ersehnt und dann auch intensiv wahrgenommen. Aufbruch zum Leben aus dem Dunkel der winterlichen Erde. Endlich Ostern: Hoffnung auf Zukunft!
Das österliche Symbol für „Aufbrechen“ist das Oster-Ei! Es zeigt seit vielen Jahrhunderten den Aufbruch, das neue Leben, das durch die Auferstehung Jesu geschenkt wird. Zuerst wird das Ei von der Henne gelegt – es wird aus der dunklen Höhle heraus geboren. Dann, in einem zweiten Schritt, bricht die Schale des Eies auf und das junge Küken schlüpft heraus. Die Christen sahen darin das Aufbrechen des Grabes Jesu – der Stein ist weggerollt – und aus der festen Hülle heraus steigt das neue Leben: „Er ist nicht hier, er ist auferstanden!“
Im Mittelalter wurden von den Bauern an die Lehnsherren die Fronzahlungen in Naturalien beglichen. Eine bestimmte Zahl an Eiern war festgelegt. Das letzte Ei färbten die Bauern dann rot. Mit dem roten Ei, dem „Antlaßei“, das oben auf dem Korb lag, waren sie dann frei von Schuld. Die Zahlungen mussten bis zum Gründonnerstag erfolgt sein. Auch diese Symbolik ist im Osterei enthalten.
Für die vor uns liegende österliche Freudezeit gebe ich Ihnen ein Gedicht von Eduard Mörike weiter, das den Aufbruch hin zur Zukunft mit launigen Worten beschreibt: Die Gelehrten und die Pfaffen streiten sich mit viel Geschrei: Was hat Gott zuerst geschaffen – wohl die Henne, wohl das Ei? Wäre das so schwer zu lösen: Erstlich ward ein Ei erdacht. Doch weil noch kein Huhn gewesen, darum hat’s der Has’ gebracht.