Wissenschaft und Politik müssen um ihre Glaubwürdigkeit kämpfen
Der Glyphosat-Streit zeigt: Die Forschung kann immer mehr. Aber die Menschen scheuen das Risiko. Um sie zu gewinnen, gibt es nur einen Ausweg
Wo Glyphosat gespritzt wird, wächst kein Kraut mehr. Das ist wohl die einzige Aussage, auf die sich Gegner und Befürworter der jüngst, auf so denkwürdige Weise erfolgten europäischen Neuzulassung des Totalherbizids einigen können. Alles andere: Glaubenssache. Ob mögliche Risiken für die Umwelt, Gefahren für unsere Gesundheit oder Beweis für die Macht der eng mit der Politik verflochtenen Großkonzerne – für alles und sein Gegenteil lassen sich Indizien und Belege finden. Was in diesem Klima aus Unwissenheit und Mutmaßungen besonders gut gedeiht, sind Ängste, Befürchtungen und Frustrationen.
Damit legt die Diskussion um Glyphosat ein viel grundlegenderes Problem offen, das uns seit Jahren immer wieder auf die Füße fällt: Wir leben in einer Gesellschaft, die das Risiko scheut und es ausschließen möchte, wo immer es geht. Gleichzeitig wächst unser Wissen in allen Bereichen auf dramatische Weise – auch jenes um neue Risiken. Beides geht schlecht zusammen und hat uns an diesen Punkt gebracht: Wir ächzen unter einer enormen Regulierungsdichte. Und gleichzeitig wird die Rolle der Wissenschaft als Politikberatungsinstanz immer wichtiger. Einfach gesagt: Wir wollen alles geregelt, begrenzt und vermessen haben. Worum es im Detail aber geht, können nur noch absolute Experten verstehen.
Aus diesem Dilemma ist inzwischen eine demokratiegefährdende Leerstelle gewachsen. Denn wo für Bürger und Politiker so viel im Vagen bleibt, öffnet sich breiter Raum für die professionelle Vertretung von Einzelinteressen. Unter dem Deckmantel der wissenschaftlichen, faktenbasierten Politikberatung wird auf breiter Front versucht, Einfluss auf die Gesetzgebung zu gewinnen. In diesem Punkt unterscheiden sich Nichtregierungsorganisationen und Wirtschaftslobbyisten lediglich darin, wie viel Geld in der Kampagnenkasse ist.
Als einfacher Bürger steht man hingegen oft hilflos vor der Frage: Wenn ich es schon nicht wissen kann, wem soll ich dann glauben? Damit ist das wichtigste Gut für Politik und Wissenschaft heute definiert: Vertrauen. Wenn ich als Bürger die Entscheidungen, die unser aller Leben zutiefst beeinflussen, nicht beurteilen kann, muss ich darauf vertrauen, dass die Institutionen, die das für mich übernehmen, unterm Strich auch in meinem Interesse handeln. Die Wissenschaft lernt gerade erst, sich dieser gewachsenen gesellschaftlichen Verantwortung zu stellen.
Wissenschaft basiert auf dem Prinzip einer permanenten Widerlegung von Erkenntnissen. Was heute gilt, ist morgen schon wieder überholt, weil irgendwo ein Forscher mit neuen Methoden und Ansätzen der Wahrheit wieder ein Stück näher gekommen ist. Das muss so sein, ist aber schwer zu vermitteln, weil bei Außenstehenden schnell der Eindruck hängen bleibt, es gebe für jede Position und ihr Gegenteil gute Argumente.
Das Vertrauen in die Objektivität der Wissenschaft nimmt aus anderen Gründen Schaden. Weil Wissenschaftler im Auftrag von Firmen forschen, sind ihre Ergebnisse nicht falsch. Aber durch die Wahl oder die Auslassung bestimmter Forschungsfragen vorherbestimmt. Außerdem – und damit sind wir wieder beim Glyphosat – findet die Industrieforschung meist unter Ausschluss der Fachöffentlichkeit statt. Ausgewählte, nur den Genehmigungsbehörden enthüllte Ergebnisse dienen dann als Basis der Gesetzgebung. Vertrauen ohne Transparenz mag beim Glauben an die Kirche funktionieren. Wenn Politiker Gesetze machen, müssen sie sich mehr anstrengen. Nur Transparenz in der Gesetzgebung schafft Akzeptanz für Risiken. Das gilt auch bei Glyphosat. Ebenfalls dazu: Ich habe mich auch lange Zeit an dem „... und führe uns nicht in Versuchung ...“gerieben, weil dahinter kein liebender Vater stehen kann. Ein theologisch gebildeter Freund hat mir aber erklärt, dass – verkürzt dargestellt – das alttestamentarische und pharisäische Gottesbild und Glaubensverständnis u. a. dazu führten, dass der Gläubige die Versuchung regelrecht er„beten“hat, um sich und seine Rechtschaffenheit und Glaubenstreue seinem Gott gegenüber beweisen zu können und zu zeigen, welch gutes Gotteskind er sei. Jesu Korrektur dazu, im Sinne des von ihm öfter verwendeten „... ich aber sage euch...“, ist folgerichtig die Bitte: „...und führe uns nicht in Versuchung...“und, den Gedanken weiterführend, „... sondern erlöse uns einfach von dem Bösen...“.
Ich finde, das macht Sinn, auch für einen Nicht-Theologen...
Augsburg Ebenfalls dazu: Hat unser Papst nicht Wichtigeres zu tun, als sich um die Änderung des Vaterunsers zu kümmern, schade. Ich bin jetzt 77 und habe das Vaterunser von Jugend an so gebetet und das wird auch in Zukunft so bleiben, komme, was da wolle.
Königsbrunn Zu „Später Tiefschlag“(Sport) vom 11. Dezember: Es ist und bleibt eine alte Weisheit: Das Spiel ist dann zu Ende, wenn der Schiedsrichter die Partie beendet. Dass ca. zehn Minuten vor Spielende an der Anzeigetafel die Blitztabelle gezeigt wird mit dem FCA auf dem vierten Platz, finden ich und mit mir viele andere FCAFans nicht gut.
Augsburg Zu „Ermordet im Allgäu“(Dritte Seite) vom 8. Dezember: Der Erkenntnis des Autors Mader kann ich aufgrund eigener Erfahrungen nur beipflichten, dass Publikationen, die Nazi-Verbrechen behandeln, niemanden mehr aufregen. Man kann solche Persönlichkeiten wie Mader nur bewundern, die mit viel Zivilcourage sich diesem Thema annehmen und es sehr sorgsam aufarbeiten. Bis in die 80er Jahre hinein wurde mit alten Nazi-Schergen teilweise sehr behutsam umgegangen. Straßen wurden nach ihnen benannt, z.B. General-Dietl-Straße in Kempten, Kurat-Frank-Straße in Kaufbeuren. Den Menschen, die sich um eine Veränderung des Straßennamens bemühten, wurde oft übelst mitgespielt. Im Gegenzug wurden Schwerverbrecher wie der frühere Direktor der Anstalt begnadigt. Ein Skandal höchster Ordnung. Dem Autor Mader sei Dank für sein Werk. Solche Menschen braucht unsere Gesellschaft.
Kempten