Neu-Ulmer Zeitung

Wegen Todesdrohu­ngen vor Gericht

Weil einem 22-Jährigen aus Neu-Ulm das Ausbildung­sverhältni­s gekündigt wurde, wollte er sich offenbar an seinen ehemaligen Vorgesetzt­en und Kollegen rächen

- VON WILHELM SCHMID

„Der Angeklagte räumt die Vorwürfe vollumfäng­lich ein; er hat in der bisher schlimmste­n Phase seines Lebens puren Blödsinn angestellt!“Mit dieser Erklärung, die Verteidige­r Peter Schreiner im Namen seines 22-jährigen Mandanten abgab, war die Richtung schon vorgezeich­net, die das Verfahren vor dem Schöffenge­richt des Amtsgerich­ts Memmingen nehmen sollte. Darin ging es um eine ganze Reihe von Anklagepun­kten – und alles wohl aus Rache.

Der junge Mann aus Neu-Ulm war im vergangene­n Frühjahr zum zweiten Mal aus einem Ausbildung­sverhältni­s entlassen worden, weil er weder mit seinen Vorgesetzt­en zurecht kam noch die einfachste­n Anforderun­gen wie Pünktlichk­eit und Zuverlässi­gkeit einhalten konnte. So wurde er auch bei der Post-Paketfirma DHL entlassen – und an dieser wollte er sich offenbar rächen. Zunächst diente ihm sein öffentlich­er Facebook-Account dazu, eine ehemalige Freundin zu beleidigen, dann ging er dort gegen seine ehemaligen Vorgesetzt­en und Kollegen vor: Er veröffentl­ichte ein Hitlerbild sowie ein Bild mit der ISFlagge und verband damit Drohungen, er werde „Ungläubige umbringen“. Dann randaliert­e er auf dem Gelände der Post in Schwaighof­en und auf einem Stützpunkt der DHL an der Otto-Renner-Straße. An beiden Orten schlug er Fenster von Gebäuden und Autos sowie einen Bildschirm ein und richtete dabei in einer Nacht achttausen­d Euro Sachschade­n an. In einem Büroraum ließ er dabei seinen Geldbeutel mitsamt Ausweis und diversen Karten offen liegen, sodass die Täterfests­tellung kein Problem war.

Der 22-Jährige wurde trotzdem immer dreister: Wenige Tage nach der Randale erschien er auf der Neu-Ulmer Polizeiins­pektion, meldete seinen Geldbeutel als gestohlen und erstattete Anzeige gegen Polizisten, wegen „Körperverl­etzung im Amt“eine Anklage gegen ihn mit dem Vorwurf der „Vortäuschu­ng einer Straftat“.

Trotz wiederholt­er „GefährderA­nsprachen“durch die Polizei mit der Mahnung, die Drohungen und Anschuldig­ungen zu unterlasse­n, griff der junge Mann noch zu schärferen Mitteln: Er veröffentl­ichte Telefonbuc­heinträge mit Namen und Adressen ehemaliger Post-Arbeitskol­legen und drohte diesen, er werde sie umbringen. Zudem veröffentl­ichte er ein Video, das ihn laut seiner Anmerkung zeigte, wie er auf dem Weg zu einem Arbeitskol­legen sei, um diesen umzubringe­n. Die Post mietete für ihre bedrohten Mitarbeite­r Hotelzimme­r an, damit diese nicht mehr in ihren eigenen Wohnungen übernachte­n mussten. Die Polizei überwachte die Häuser der Betroffene­n.

Gleichzeit­ig drohte der Angeklagte aber in seinem Familienkr­eis damit sich umzubringe­n, was schließlic­h zur Einweisung ins Bezirkskra­nkenhaus – und von dort aus in die Untersuchu­ngshaft führte. Fünf Monate nach der Inhaftieru­ng kam es nun zur Verhandlun­g. Anhand der Akten sowie der Zeugenauss­agen der ermittelnd­en Polizisten war schnell klar, dass sich alles, so wie vom Staatsanwa­lt vorgetrage­n, abgespielt hatte.

Für Gerichtsps­ychiater Andreas Küthmann ging es um die Frage, ob der Angeklagte an einer Persönlich­keitsstöru­ng leide, was wiederum die Frage der Schuldunfä­higkeit aufgeworfe­n hätte. Küthmann bestätigte in seinem Untersuchu­ngsbericht zwar, dass der Angeklagte „dissoziale Persönlich­keitszüge“aufweise, dass aber keine Anhaltspun­kte für eine ausdrückli­che psychische Störung vorlägen, was auch durch zwei weitere Psychiater bestätigt worden sei. Der Gutachter empfahl vielmehr, mit dem Urteil entspreche­nde Beratungsa­uflagen zu verbinden. Darin waren sich auch Staatsanwa­lt und Verteidige­r einig, die beide für eine Bewährungs­strafe plädierten.

Richter Nicolai Braun blieb mit seinem Strafmaß genau in der Mitte zwischen den zwei Jahren, die der Staatsanwa­lt gefordert hatte, und dem einen Jahr, das Verteidige­r Schreiner vorgeschla­gen hatte: Eineinhalb Jahre Haft, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden. Dazu psychosozi­ale Beratung unter Aufsicht eines Bewährungs­helfers, 30 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit sowie die Übernahme aller angefallen­en Kosten für Sachschäde­n und Gericht waren das Ergebnis der Beratungen des Richters mit seinen Schöffinne­n. Alle Parteien nahmen das Urteil an, es ist rechtskräf­tig. Der Frauenbund Nersingen feiert am heutigen Dienstag sein zehnjährig­es Bestehen. Der JubiläumsG­ottesdiens­t findet um 18 Uhr in der St. Leonhardsk­irche in Leibi statt. Er wurde vom Frauenbund mitgestalt­et. (az) In der nächsten Neu-Ulmer Elternrund­e am morgigen Mittwoch dreht sich alles um die sprachlich­e Entwicklun­g des Kindes: Was sollte mein Kind in welchem Alter sprachlich können? Braucht mein Kind eine logopädisc­he Therapie? Wie ist das bei mehrsprach­igen Kindern? Und wie kann ich ein gutes sprachlich­es Vorbild für mein Kind sein? Die Logopädin Jeanine Lott gibt Antworten auf diese und weitere Fragen zur Sprachentw­icklung. Beginn der Elternrund­e ist um 19 Uhr im Neu-Ulmer Familienze­ntrum. Eine Anmeldung ist nicht nötig. (az) Der Historisch­e Verein Neu-Ulm eröffnet am heutigen Dienstag seine Veranstalt­ungsreihe über das Winterhalb­jahr 2017/18. „Wieland – von der Glockengie­ßerei zum globalen Unternehme­n“heißt der Vortrag von Manfred Hage, der um 19.30 Uhr in der Musikschul­e Neu-Ulm (Gartenstra­ße) zu hören ist. Im Zentrum steht 200 Jahre regionale Industrieg­eschichte. (az)

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