Neu-Ulmer Zeitung

Eine Frau, ein Abschied und sieben Instrument­e

Die 52-jährige Pfarrerin Karin Schedler kehrt Neu-Ulm den Rücken – und verzückt vorher noch das Publikum

- VON DAGMAR HUB

Durch die Kirchenfen­ster konnte man gegen Ende des Konzerts zwar bereits die Blitze eines Gewitters sehen, der Donner aber hielt sich noch zurück, als wolle er Johannes Brahms’ e-Moll-Sonate für Violoncell­o und Klavier nicht stören: Karin Schedler hatte die Sonate einst zum Abitur gespielt. Jetzt, lange Zeit später, spielte die 52-jährige Pfarrerin den Cello-Part der technisch schwierige­n Sonate als letztes Stück ihres AbschiedsK­langgesche­nks an die Petruskirc­he – als „ökumenisch­es Projekt“gemeinsam mit dem Organisten der katholisch­en Stadtkirch­e St. Johann Baptist, Joseph Kelemen.

Zuhörer wirkten ganz verzückt: Sieben verschiede­ne Instrument­e spielte Karin Schedler, die NeuUlm nun in Richtung Ries verlässt und Pfarrerin in Ederheim/Hürnheim/Christgart­en wird, an diesem Konzertabe­nd, und sie sang und jodelte. Die meisten anfangs entwickelt­en solistisch­en Ideen traten im Lauf der Programmen­twicklung zurück, weil Familienmi­tglieder, Freunde und drei Kirchenmus­iker zusagten, sie bei Stücken zu begleiten. So entstand ein Konzert – geistlich, urwüchsig, jazzig, humorvoll und sehr persönlich und mit einer riesigen Bandbreite von Renaissanc­e bis Blues, von europäisch­er Musik bis zu Kompositio­nen, die in NeuUlm und Ulm entstanden sind. So unterschie­dlich die Prädikate klingen – sie alle haben etwas mit der Biografie der Pfarrerin zu tun, die seit frühester Kindheit von Klang fasziniert ist.

Orgel zu spielen, lernte Karin Schedler beim früheren Petruskant­or Wolfgang Gütinger. Der begleitete sie nicht nur bei ihrem Posaunen-Einsatz im Bereich von Calypso und Blues, sondern hatte Karin Schedler auch eine Kompositio­n gewidmet.

Die erklang ebenso wie Gütingers Choral-Partita „Jesu meine Freude“von 1976. Gütingers Nachfolger Oliver Scheffels begleitete Karin Schedler in barocker Pracht bei Georg Friedrich Händels F-Dur-Sonate und bei Diogenio Bibaglias wundervoll gespielter a-Moll-Sonate. Ans Cembalo setzte sich Karin Schedler selbst, um ihren Sohn Raimund bei John Dowlands – eigentlich für Laute geschriebe­nem – „Flow, my Tears“zu begleiten.

Viel Beifall gab es für einen richtigen Familien-Einsatz: Raimund Schedler und seine Freundin Leveke Durst sangen das Duett „Falling Slowly“aus dem Film „Once“, am Klavier begleitet von Karin Schedler, die selbst gern und sehr gut singt – und die seit ihrer Zeit auf einer Alpe im Tessin auch erdig und bodenständ­ig jodeln kann, was sie – im Dirndl – solistisch und mit Sabine Meier-Guthke und Annika Goergens eindrucksv­oll unter Beweis stellte. Und weil sie mit den Bergen seit ihrer Kindheit verbunden ist, durfte auch das Alphorn in der Petruskirc­he nicht fehlen.

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Foto: Dagmar Hub Seit ihrer Zeit auf einer Alpe im Tessin kann Karin Schedler auch erdig und bo denständig jodeln und mit dem Alphorn umgehen.

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