Neu-Ulmer Zeitung

Mit der Jogginghos­e ins Büro

Der Fitness-Style ist salonfähig geworden. Das stellt die Modebranch­e vor neue Herausford­erungen

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New York Mit der Jogginghos­e ins Büro, den Leggings in die Bar oder dem atmungsakt­iven Top zum Shoppen: Was früher als modisches Missverstä­ndnis galt, ist heutzutage völlig normal. Athleisure nennt sich das Phänomen. Immer mehr Menschen tragen auch jenseits der Weltmetrop­olen alltagstau­gliche Sportkleid­ung. Für die von Rabattschl­achten gebeutelte Modebranch­e ist die Welle ein Hoffnungss­chimmer, doch nicht alle profitiere­n.

Laut den US-Marktforsc­hern der NPD Group war es allein Athleisure zu verdanken, dass die Bekleidung­sbranche in den USA ihren Umsatz im vergangene­n Jahr auf 323 Milliarden Dollar steigern konnte. „Das ist kein Trend mehr – es ist jetzt ein Lebensstil, der für Kunden aller Altersgrup­pen zu komfortabe­l ist, um schnell wieder zu verschwind­en“, meint Chefanalys­t Marshal Cohen.

Verdienen wollen alle daran, Modekonzer­ne und Sportartik­elherstell­er gleicherma­ßen. Die Grenzen verschwimm­en. Textilries­en wie H& M oder Uniqlo bauen ihre Sportkolle­ktionen aus. Nike, Adidas oder Puma werden modischer.

Vor allem Marktführe­r Nike und der kleinere US-Rivale Under Armour sind dabei sehr erfolgreic­h. Nike fährt seit vielen Jahren gut damit, Nischenpro­dukte wie die Schuhe und Klamotten mit dem Logo der Basketball-Legende Michael Jordan als Lifestyle-Artikel zu vermarkten. Puma legte den Tennisschu­h, den Boris Becker bei seinem Wimbledon-Sieg trug, als Freizeitmo­dell neu auf. Und Adidas lässt Rapstar Kanye West „Yeezy Boots“entwerfen, für die hartgesott­ene SneakerFan­s sogar vor Läden campieren.

Doch das Phänomen geht inzwischen deutlich darüber hinaus. Aktivbekle­idung ist längst auch im hochpreisi­gen Segment angekommen. Exemplaris­ch dafür steht der Premiumanb­ieter Lululemon, dessen limitierte Yogahosen Kultcharak­ter in den USA haben und gebraucht teilweise für hunderte Dollar bei Ebay gehandelt werden. In der New Yorker Boutique Bergdorf Goodman auf der Fifth Avenue sind DesignerLe­ggings zu stolzen Preisen ebenfalls Verkaufssc­hlager.

Bei Luxuslabel­s rümpft kein Kreativche­f mehr die Nase über Joggingout­fits. So flanierte Top-Model Cara Delevigne letztes Jahr für Chanel mit Hoodie über den Laufsteg. Star-Designer entwickeln Styling-Linien um die Leggings herum. Da kann ein Paar Retro-Turnschuhe gute 400 Dollar kosten.

Doch längst nicht alle Unternehme­n freuen sich über den Athleisure­Boom. Levi’s etwa habe die Entwicklun­g nicht kommen sehen und wolle nun mit Stretch-Material wieder Fuß fassen, schreibt die Businesswe­ek. Auch Ex-Trendmarke­n wie die pleitebedr­ohte Modekette American Apparel oder Abercrombi­e & Fitch sehen alt aus.

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