Beherzter Pilger radelt auch über die Autobahn
Die erste Etappe seiner langen Reise hat Paul Silberbaur aus Weißenhorn hinter sich. Was er dabei erlebt hat – und noch erleben will
Weißenhorn Radtouren hat Paul Silberbaur schon immer gerne gemacht. Derzeit beschäftigt den 68-Jährigen aus Weißenhorn eine ganz besondere: Eine Pilgerreise mit dem Fahrrad nach Jerusalem. Von seiner ersten Etappe, die ihn von Weißenhorn nach Thessaloniki in Griechenland geführt hat, ist er seit Kurzem zurück – und hat viele Eindrücke mitgebracht.
Auf seiner Reise hat er viele neue Bekanntschaften geschlossen, zahlreiche Kirchen und Kapellen besichtigt sowie Gottesdienste beispielsweise in Budapest, Belgrad oder im serbischen Ort Studenica besucht. „Diese Momente bewegen einen mehr, als wenn man als Tourist nur in ein Museum geht“, ist sich Silberbaur sicher. Einer seiner Höhepunkte sei der Besuch des Stephansdoms in Wien gewesen – dort sei es allerdings touristisch total überladen: „Als Pilger kann man dort keine Minute finden, die einen ein bisschen zur Besinnung kommen lässt“, erzählt er.
Um sich an alle Einzelheiten seiner ersten Etappe auch später noch genau erinnern zu können, hat Silberbaur akribisch Tagebuch geführt. Jeden Tag hat er rund sieben Seiten geschrieben, sein kleines Notizbuch im DIN-A5-Format ist bis auf vier Seiten komplett voll. In einem zweiten Büchlein notierte er Eckdaten zur Reise, beispielsweise in welchem Land er mit welcher Währung bezahlen muss oder wie viele Kilometer er pro Tag mit dem Rad zurückgelegt hat.
Beschwerlich war oftmals das Wetter: „In den letzten Tagen im Kosovo, Mazedonien und Griechenland waren es immer über 40 Grad“, sagt er. Deshalb hat Silberbaur viel getrunken, täglich immer etwa zehn Liter. Auch eine Magnesiumtablette gehörte jeden Tag dazu, Muskelkrämpfe hatte er dennoch. „Die kriegt man am Anfang abends einfach“, sagt er. Sein Fahrradwerkzeug hat er während seiner ganzen Tour nur ein einziges Mal gebraucht – als er die Pedale abschraubte, um sein Rad für den Rückflug von Griechenland nach Deutschland in Luft- polsterfolie zu verpacken. „Ich hatte wirklich keine Panne unterwegs“, sagt Silberbaur und klingt dabei selbst ziemlich überrascht angesichts der Zustände mancher Wege, über die er geradelt ist.
Sogar auf dem Standstreifen der Autobahn war er viele Kilometer unterwegs: „In Mazedonien hat der Radweg einfach in die Autobahn gemündet“, erzählt er. Zufällig habe eine Polizeistreife dort gestanden, die er gefragt habe, wo er jetzt weiterfahren solle. „Da hat ein Polizist ganz gelassen auf die rechte Seite der Autobahn gewunken“, erinnert sich Silberbaur und lacht. Auch die letzte Etappe nach Thessaloniki hat er auf der Autobahn zurückgelegt. „Ich dachte mir, was in Mazedonien geht, geht in Griechenland vielleicht auch.“Angehupt sei er jedenfalls von keinem der Autofahrer worden. Angst habe er während seiner Reise nie verspürt. „Viele haben da ja die Angstvorstellung, dass hinter jedem Busch einer lauert und denkt: Einmal kommt sicher ein Schwabe auf dem Fahrrad vorbei“, erklärt der 68-Jährige und lacht.
Seit wenigen Tagen ist Silberbaur zurück in Deutschland – pünktlich zur zweiten Singprobe des Liederkranzes Weißenhorn, dessen Vorsitzender er ist. „Ich habe fast eine Woche gebraucht, um innerlich anzukommen“, erzählt Silberbaur. Doch sein Ziel Jerusalem hat er weiter fest im Blick: Im Frühjahr will er – falls es ihm gesundheitlich gut geht – in die nächste Etappe starten. Sie führt ihn von Thessaloniki durch die Türkei, die dritte und letzte Tour schließlich von der Türkei über Zypern nach Jerusalem. Insgesamt wird er am Ende seiner Pilgerreise laut Plan etwa 5000 Kilometer mit dem Rad zurückgelegt haben. Obwohl er gerade erst wieder richtig angekommen ist, habe ihn die Reiselust schon wieder gepackt. „Am Sonntagabend habe ich schon die Karte der Türkei vor mir liegen gehabt und kleine Orte zur Rast und den Weg eingezeichnet“, sagt der 68-Jährige.