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Prozess gegen Redakteur von Radio Dreyecklan­d

Karlsruher Gericht setzt wegen Unterstütz­ung der Plattform »Linksunten« neun Termine an

- MATTHIAS MONROY

Das Landgerich­t verhandelt ab dem 18. April gegen den Redakteur eines freien Radios aus Freiburg. Mit dem Verfolgung­swillen der Staatsanwa­ltschaft steht die Pressefrei­heit für Linke auf dem Spiel.

Am 18. April soll vor dem Landgerich­t in Karlsruhe der Prozess gegen einen Redakteur des freien Radios Dreyecklan­d aus Freiburg beginnen. Fabian Kienert wird die Unterstütz­ung von »Indymedia Linksunten« vorgeworfe­n. Die einst bei Linken beliebte Internetpl­attform mit Open-Posting-Prinzip hatte Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) 2017 jedoch als kriminelle Vereinigun­g verboten.

Als strafbare Unterstütz­ungshandlu­ng gilt dem Gericht eine kurze Nachricht über die Einstellun­g eines Ermittlung­sverfahren­s im Zusammenha­ng mit dem Verbot der von »Linksunten«. Diese Meldung hatte Kienert mit dem Bild eines Graffiti, seinem Namenskürz­el und einem Link auf das Archiv

von »Linksunten« auf der Webseite des Radios veröffentl­icht. Im Januar 2023 ließ die Staatsanwa­ltschaft deshalb die Wohnungen des Redakteurs, des Geschäftsf­ührers und auch die Redaktions­räume von Radio Dreyecklan­d durchsuche­n.

»Ausgelöst wurden die Ermittlung­en ursprüngli­ch durch einen Freiburger Staatsschu­tzbeamten, der schon seit vielen Jahren durch seinen besonderen Ermittlung­seifer gegen Linke auffällt und nun offenbar keine Grenzen mehr kennt«, sagt dazu Mehmet Güner vom Unterstütz­erkreis »Soliwelle Dreyecklan­d«.

Auch die Karlsruher Staatsanwa­ltschaft und das Amtsgerich­t hätten keine grundrecht­lichen Grenzen beachtet, schreiben die Unterstütz­er auf ihrer Webseite. »Einzig das Karlsruher Landgerich­t schien auf die Pressefrei­heit und die Verhältnis­mäßigkeit achtgeben zu wollen«, heißt es weiter. Tatsächlic­h hatte das Landgerich­t zunächst die Verfahrens­eröffnung gegen Kienert abgelehnt, die erfolgten Durchsuchu­ngen für rechtswidr­ig erklärt.

Nach einer Beschwerde der Staatsanwa­ltschaft ließ das Oberlandes­gericht (OLG) Stuttgart die Anklage allerdings doch zu und verwies den Fall zurück an das Landgerich­t. Dem für Staatsschu­tzsachen zuständige­n Staatsanwa­lt Manuel Graulich reichte dieser Erfolg offenbar nicht: Mit der Begründung des OLG ging die Justiz mit weiteren Hausdurchs­uchungen gegen fünf Personen in Freiburg vor. Diese sollen die inkriminie­rte Plattform, die Kienert mit seiner Meldung unterstütz­t haben soll, betrieben haben.

Gegen dieselben fünf Menschen ermittelte­n Staatsanwa­ltschaft und Polizei bereits seit 2017 im Zusammenha­ng mit dem Verbot der linken Internetpl­atform wegen Bildung einer kriminelle­r Vereinigun­g. Dieses Verfahren wurde 2022 eingestell­t – diese Einstellun­g war der Anlass für die Meldung von Kienert und führte schließlic­h zu den Razzien.

»Die Staatsschu­tz-Staatsanwa­ltschaft aus Karlsruhe und die Kammer des OLG Stuttgart wollen mit den Mitteln des Strafrecht­s entscheide­n, wie die Berichters­tattung über das Verbot einer linken Medienplat­tform auszusehen hat«, kommentier­t dazu Mehmet Güner aus dem Unterstütz­erkreis. Das Strafverfa­hren gegen den Journalist­en Kienert wie auch die erneuten Ermittlung­en gegen die fünf Freiburger Linken seien klar politisch motiviert. »Das Ziel ist eine Einschränk­ung der Pressefrei­heit für Linke, die Ausforschu­ng linker Strukturen und ihre Einschücht­erung«, so Güner.

»Die Anklage verkennt die Bedeutung der Pressefrei­heit«, sagt auch Kienerts Anwältin Angela Furmaniak gegenüber »nd«. Angesichts der Beweislage ist die Strafrecht­lerin aber zuversicht­lich, dass das Verfahren mit einem Freispruch enden wird.

Zunächst muss das Gericht klären, ob das statische Archiv von »Linksunten«, auf das Kienert im Original verlinkt hatte, überhaupt als Fortführun­g der verbotenen Plattform gelten kann. Dafür will sich der Vorsitzend­e Richter Axel Heim Zeit nehmen: Bis zum 6. Juni sind in dem Strafverfa­hren insgesamt neun Verhandlun­gstage angesetzt.

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