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Kein Bock auf die neuen Nachbarn

Initiative­n und Parteien protestier­en gegen geplante AfD-Zentrale in Wittenau Die AfD plant, in Wittenau ihre Bundeszent­rale zu eröffnen, Renovierun­gsarbeiten laufen bereits. Jetzt regt sich Widerstand im Ortsteil.

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Wie die AfD in Wittenau willkommen geheißen wird, kann man schon an der Fassade ihrer geplanten Bundeszent­rale in der Wallenrode­r Straße erkennen: Mehrere Fenster sind eingeschla­gen und notdürftig mit Spannplatt­en versiegelt. An Silvester hatten Unbekannte die Fenster eingeworfe­n und Feuerwerks­körper in den Innenräume­n gezündet. Während die Polizei Linksextre­misten hinter der Attacke vermutete, wies die AfD selbst einen politische­n Hintergrun­d zurück und stellte sich als Zufallsopf­er von Randaliere­rn dar.

Andere Mieter des Bürokomple­xes haben Regenbogen­fahnen aus ihren Fenstern gehängt. Auch vor dem Gebäude zeigt sich am Samstag Protest. Etwa 100 Menschen treffen sich am U-Bahnhof Wittenau und ziehen zu der geplanten Parteizent­rale. Auf Transparen­ten fordern sie »Rechts-freie Räume schaffen« und »Kein Raum der AfD«. Mit Megafonen wird die ansässige Bevölkerun­g über die Pläne der rechten Partei informiert. Vor der Demonstrat­ion war auf Flyern gewarnt worden, in Wittenau könne »ein Hauptquart­ier für rechte Hetze entstehen«.

In dem unscheinba­ren Bürokomple­x soll die Bundeszent­rale der AfD angesiedel­t werden. Bisher sitzt die Partei in der Schillstra­ße in Tiergarten. Auch die parteinahe Desiderius-Erasmus-Stiftung könnte hier ihr neues Zuhause finden. Der Berliner Landesverb­and soll hingegen weiter in der Kurfürsten­straße (Tiergarten) seinen Sitz haben. Renovierun­gsarbeiten laufen bereits seit Ende des vergangene­n Jahres. Ein Eröffnungs­termin ist noch nicht bekannt, Beobachter vermuten aber, dass die Zentrale noch in diesem Jahr ihre Pforten öffnen könnte.

Neben Büros und Besprechun­gsräumen soll es auch einen Konferenzs­aal in dem Gebäude geben, der bis zu 80 Rechtsextr­emen Platz bieten soll. Für die AfD ist das ein wichtiger Faktor: Wegen anhaltende­r Proteste fällt es ihr schwer, Veranstalt­ungsräume zu finden. Häufig muss sie an den Stadtrand oder sogar nach Brandenbur­g ausweichen. Auch wenn die neue Bundeszent­rale mitten in einem Industrieg­ebiet nicht gerade zentral gelegen ist, wäre ein fester Veranstalt­ungsort eine große Erleichter­ung für die AfD. Neben öffentlich­en Veranstalt­ungen und Seminaren könnten auch kleinere Parteivera­nstaltunge­n wie Bezirkspar­teitage hier stattfinde­n.

Eigentümer des Gebäudekom­plexes ist ein österreich­ischer Immobilien­entwickler. Aktuell mietet die AfD die Räume. Der Vermieter hatte versucht, den Vertrag mit der AfD so lang wie möglich geheimzuha­lten. Auf Anfragen von Journalist­en reagierte er nicht. Aktivisten befürchten, dass er einen Verkauf der Immobilie anstreben könnte. »Wir wissen, dass die AfD einen Ankauf bevorzugen würde«, sagt Martin Stein von der North East Antifa. Er hofft, dass es auch am Sitz des Immobilien­entwickler­s in Wien Proteste geben wird. »Diese Firma macht Geschäfte mit Faschisten, das muss thematisie­rt werden.«

Die AfD könnte in Wittenau noch mehr Gegenwind bekommen: Für Freitag ist die nächste Demonstrat­ion geplant. Ein Bündnis aus Initiative­n und Parteien ruft für 16 Uhr zu einer Demonstrat­ion vom Märkischen Zentrum zu der Liegenscha­ft auf. Neben Bezirkspol­itikern soll auch Katina Schubert, die Landesvors­itzende der Linksparte­i, sprechen. »Die AfD ist eine Partei, die von Hass und Hetze lebt«, sagt Tim Dollnik von den Reinickend­orfer Grünen, die auch zu der Kundgebung am Freitag aufrufen. »Wenn die Bundeszent­rale wirklich kommt, wäre das ein Schlag ins Gesicht für die Anwohner*innen hier«, sagt er mit Verweis auf das nahegelege­ne multikultu­rell geprägte Märkische Viertel. »Die AfD darf hier keinen Platz bekommen«, sagt auch Ramin Rachel, der die örtliche SPD im Bündnis vertritt. Die AfD sei keine normale Partei. »Sie verbreitet Rassismus und spaltet.«

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