nd.DerTag

Nukleare Teilhabe

René Heilig über Wladimir Putins neue Atomwaffen in Belarus

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Russlands Präsident will taktische Atomwaffen in Belarus stationier­en. Das ändert scheinbar wenig: Die Anzahl der Kernwaffen bleibt, obgleich inakzeptab­el, gleich. Die Ziele, die man aus Belarus treffen kann, lassen sich schon jetzt aus dem russischen Kernland sowie aus dem Gebiet Kaliningra­d erreichen. Wer jetzt überrascht tut, hat bislang nicht zugehört. Mehrfach haben Putin und sein Minsker Spießgesel­le Lukaschenk­o mit dem Schritt gedroht. Dass Wladimir Putin die von London versproche­ne Lieferung von Granaten mit abgereiche­rtem Uran an die Ukraine als Grund benennt, ist absurd. Obwohl die belarussis­chen Streitkräf­te selbst über Raketen verfügen, schickte Moskau bereits vor Monaten für jedermann erkennbar nuklear bestückbar­e Iskander-Raketen ins Nachbarlan­d. Auch einige von Lukaschenk­os Jagdbomber­n wurden für den atomaren Wahnsinn optimiert.

Die Verfügungs­gewalt über die Bomben und Sprengköpf­e bleibt in Moskaus Hand, beide Staaten verletzen also höchstens dem Geiste nach den von über 190 Nationen besiegelte­n Atomwaffen­sperrvertr­ag. Andere Abrüstungs- oder Kontrollve­rträge stehen nicht im Wege – es gibt keine mehr. Und aufgemerkt: Was Putin gerade vollzieht, praktizier­t die Nato seit den 1950er Jahren: Als nukleare Teilhabe kaschiert, stationier­en die USA Atombomben in Europa und ordern bei Verbündete­n Trägersyst­eme – auch bei Deutschlan­d. Dennoch ist Putins Beschluss inakzeptab­el, denn er lässt die Sorge vor einer – möglicherw­eise unbeabsich­tigten – nuklearen Ausweitung des Ukraine-Krieges und einem kontinenta­len Schlagabta­usch wachsen.

Im Juli sollen die Waffen in Belarus einsatzfäh­ig sein. Lässt Putin bewusst Zeit für Gespräche? Statt das sofort in Abrede zu stellen, sollte man es herausfind­en.

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