Frisches Geld für Sri Lanka
IWF bewilligt Notkredit für das krisengeschüttelte Land. Die sozialen Probleme sind weiter akut Nach monatelangem Tauziehen erhält das finanziell schwer angeschlagene Sri Lanka nun Zahlungen aus dem Nothilfeprogramm des Internationalen Währungsfonds. Die
Insbesondere für die Regierung Sri Lankas ist es die Nachricht des Monats, die da am späten Dienstagnachmittag in Washington verkündet wurde: Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat der Zahlung von knapp 3 Milliarden US-Dollar über einen Zeitraum von vier Jahren aus einem Nothilfeprogramm für das südasiatische Land nunmehr zugestimmt. Die Überweisung der ersten Rate in Höhe von 330 Millionen Dollar nach Colombo soll noch diese Woche erfolgen.
Die unmittelbare Erleichterung in politischen Führungskreisen ist groß: Wie das Büro von Präsident Ranil Wickremesinghe in einer ersten Reaktion mitteilte, könnte mit dieser tragenden Säule ein insgesamt sogar 7 Milliarden Dollar umfassendes Hilfspaket mehrerer Beteiligter in Gang kommen.
Grundsätzlich hatte sich der IWF auf Arbeitsebene schon im September auf Unterstützung
in dieser Größenordnung verständigt. Doch der Teufel steckte wie so oft im Detail: Rund ein halbes Jahr dauerte das Tauziehen, bis die Vereinbarung nun auch seitens der Chefetage in trockenen Tüchern war.
Zuvor hatte Sri Lanka die Auflage zu erfüllen, mit seinen wichtigsten bilateralen Gläubigern bestimmte Garantien auszuhandeln. Dies hatte sich insbesondere mit den chinesischen Partnern aber bis Ende Februar hingezogen. Allein gegenüber der chinesischen Export-Import-Bank (Exim) steht der Inselstaat mit 4,1 Milliarden Dollar in der Kreide. Für 2023 und 2024 verzichtet die Exim auf die anstehenden Zins- und Tilgungsraten. Eine komplette Neustrukturierung der Zahlungsverpflichtungen, hieß es in einer Mitteilung von Anfang März, bleibe im Fokus weiterer Verhandlungen in den kommenden Monaten.
Neben China hat sich auch der große Nachbar Indien zu einer Lösung bekannt. Details sind auch im Austausch mit Delhi noch offen. Bestimmte Nothilfe-Lieferungen aus indischen Häfen hatten im vergangenen Jahr dafür gesorgt, dass Sri Lankas schwer angeschlagene Wirtschaft und die Versorgung der Bevölkerung etwa mit Energierohstoffen und Nahrungsmitteln nicht gänzlich zusammenbrach.
Für den IWF hat gemäß seiner offiziellen Verlautbarung Vorrang, Sri Lankas Schuldendienst wieder auf gesicherte Füße zu stellen, nachdem das Land im vorigen April erstmals für den Folgemonat die Zahlungsunfähigkeit erklärt hatte – die Devisenreserven waren schlicht aufgebraucht. Den Bankensektor neu zu strukturieren, Steuereinnahmen nachhaltig zu verbessern (diesbezüglich ist der Wert in Sri Lanka mit lediglich 8,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts besonders schlecht) und deutlich mehr Schritte zu effektiver Korruptionsbekämpfung zu unternehmen, steht für den Währungsfonds im Fokus. Dieser geht wie andere Institutionen davon aus, dass sich der ökonomische Abwärtstrend Sri Lankas in diesem Jahr bereits abbremsen lässt.
2022 war nach bisherigen Erkenntnissen die Wirtschaft um 8,7 Prozent geschrumpft, im laufenden Jahr dürfte am Ende ein negativer Wert mit einer Drei vor dem Komma stehen, so die bisherige Prognose. Für 2024 wird wieder mit einem bescheidenen Plus von 1,5 Prozent gerechnet.
All dies sind lediglich die makroökonomischen Rahmendaten. Für die 22 Millionen Einwohner*innen, die täglich ums Überleben
kämpfen, stehen andere Dinge im Vordergrund. Zwar ist die Inflationsrate, vor einigen Monaten schon mal bei 70 Prozent, inzwischen auf 40 bis 50 Prozent zurückgegangen. Da der Großteil der Bevölkerung kaum über finanzielle Reserven verfügt und von der akuten Notlage insbesondere seit der zweiten Hälfte des Vorjahres gebeutelt war, ist aber auch diese Teuerungsrate untragbar. Seit Monaten warnt zum Beispiel das Kinderhilfswerk Unicef, dass immer mehr Kinder in Sri Lanka mangel- und unterernährt sind. Viele Familien wüssten nicht, wie sie am Folgetag wenigstens eine Mahlzeit auf den Tisch bringen sollen.
Trotz der frischen Finanzspritze des IWF bleibt derweil auch die Wirtschaft aus den Fugen: Der wichtige Tee-Export ist eingebrochen, weil es für den Anbau an Dünger fehlt, dessen Einfuhr zwischendurch sogar untersagt war. Die Textilbranche, ein weiterer Garant für Exporterlöse, leidet unter gestiegenen Energiekosten und verknappten Rohstoffen, während seit Eskalation der Finanzkrise im Land auch der wichtige Tourismus massiv zurückgegangen ist. Derzeit ist eine wirtschaftliche Erholung für die unmittelbar Betroffenen noch kaum erkennbar.