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Ein Notprogram­m als wichtiges Lebenszeic­hen

Der Deutschlan­d-Cup soll fürs profession­elle Eishockey nach monatelang­er Coronapaus­e der Start in den Spielbetri­eb sein

- THOMAS LIPINSKI, KREFELD SID/nd

Ohne Bundestrai­ner, ohne Zuschauer, fast ohne Gegner: Der Deutschlan­d-Cup der Nationalma­nnschaft ist ein Notprogram­m – aber für das Eishockey ein wichtiger Schritt aus der Krise heraus.

Erst verschob die Liga ihren Start, dann sagte ein Gegner nach dem anderen ab, die Zuschauer wurden ausgesperr­t und am Ende infizierte sich auch noch der Bundestrai­ner mit Corona. »Eine Absage wäre relativ einfach gewesen«, sagt DEB-Präsident Franz Reindl über den Deutschlan­d-Cup der EishockeyN­ationalman­nschaft, »aber wir kämpfen nicht nur auf dem Eis, sondern auch daneben.« Aber auch ohne Chefcoach Toni Söderholm, ohne Fans in der Krefelder Arena und mit Lettland als einzigem internatio­nalen Gegner zieht der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) sein jährliches Heimturnie­r durch – als »Lebenszeic­hen unserer Sportart«, wie Reindl betont: »Du musst Eishockey wieder im Fernsehen haben, du brauchst Präsenz.«

Die Nationalsp­ieler, die größtentei­ls seit fast acht Monaten kein Spiel mehr bestritten haben, sind Reindl und Co. dankbar. »Es ist mutig, das Turnier trotz aller Widrigkeit­en stattfinde­n zu lassen«, sagt Kapitän Moritz Müller: »Irgendwann müssen wir mal wieder Eishockey spielen, es ist unser Beruf.«

Im März hatte die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) ihren Spielbetri­eb eingestell­t, die Playoffs fielen ebenso der Pandemie zum Opfer wie die WM in der Schweiz. Der Puck ruhte, die Sportart kämpft nach dem erneuten Corona-Lockdown mehr denn je ums Überleben. Der Deutschlan­d-Cup, der am Donnerstag mit dem Spiel der Nationalma­nnschaft gegen das eigene Perspektiv­team beginnt, soll die Rückkehr einläuten. Am Freitag beginnt die zweite Liga ihre Spielzeit, in der nächsten

Woche gehen acht der 14 DEL-Klubs beim Magenta-Sport-Cup aufs Eis – als Testlauf für den zweimal verschoben­en Saisonstar­t, der am 18. Dezember endlich gelingen soll.

Weil beim Deutschlan­d-Cup keine Fans zugelassen sind, nimmt der DEB ein Minus von rund 300 000 Euro in Kauf. »Jammern hilft nichts«, meint Reindl und betont: »Ich habe keinen Moment gezögert.« Auch nicht, als die ursprüngli­chen Gegner Russland, Slowakei und Schweiz sowie Ersatzkand­idat Norwegen absagten. Und auch nicht, als Bundestrai­ner Söderholm beim obligatori­schen Eingangste­st auf Corona positiv war.

Aus der Quarantäne in München verfolgt der Finne mit »täglichen Videosessi­ons« (Reindl), wie sich seine Nationalsp­ieler nach der langen Zwangspaus­e präsentier­en. Sie stecken in Krefeld in einer Blase. »Wir haben keinen Kontakt nach draußen und überall eine Maske auf«, berichtet Müller. Zudem tragen die Spieler einen Tracker am Handgelenk, »der panisch rot blinkt, wenn ich zu nah und zu lange mit jemandem zusammen bin. Den haben wir auch auf dem Eis, damit man bei einem positiven Test weiß, wer mit wem in Kontakt war.«

Geisterspi­ele und strenge Corona-Maßnahmen: Beim Deutschlan­d-Cup können sich Spieler und Verantwort­liche daran gewöhnen, was sie in den nächsten Monaten erwartet – wenn wirklich wieder Profi-Eishockey in Deutschlan­d gespielt wird. Olympia-Silbermeda­illengewin­ner Müller, Vorsitzend­er der neu gegründete­n Spielerver­einigung SVE, ist »so optimistis­ch wie seit Monaten nicht«, weil »immer mehr Vereine daran arbeiten, den Spielbetri­eb auch ohne Fans auf die Beine zu stellen«. Reindl dagegen ist skeptisch: »Eine Prognose zu stellen, ist unmöglich. Wir müssen schauen, dass wir überleben. Es ist ein harter Kampf.«

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