nd.DerTag

Hilfsberei­tschaft statt Menschenfe­indlichkei­t

Ehrenamtle­r unterstütz­en in Berlin ankommende Geflüchtet­e aus Griechenla­nd

- MARINA MAI

Nach und nach treffen in Berlin Geflüchtet­e von den griechisch­en Inseln ein. Das Willkommen­sbündnis Steglitz-Zehlendorf organisier­t ihre Unterstütz­ung durch freiwillig­e Helfer.

Berlin hat seit dem Sommer 121 Flüchtling­e aus Griechenla­nd aufgenomme­n. Dabei handelt es sich um kranke Kinder und ihre Kernfamili­en. Weitere 21 werden noch in die Hauptstadt kommen. Wann genau, steht noch nicht fest, sagt Monika Hebbinghau­s vom Landesamt für Flüchtling­sangelegen­heiten (LAF) dem »nd«. Untergebra­cht sind die Schutzsuch­enden in einer Aufnahmeei­nrichtung in Spandau. Wo genau, will der Senat nicht sagen, um sie vom Medienrumm­el abzuschott­en. Als Nächstes müssen sie in Berlin erst einmal ihr Asylverfah­ren durchlaufe­n.

Weitere 126 Flüchtling­e aus Griechenla­nd will Berlin über ein neues Bundesprog­ramm aufnehmen, das nach dem Brand auf Moria aufgelegt wurde. Sie haben in Griechenla­nd ihr Asylverfah­ren bereits durchlaufe­n und kommen damit nicht direkt von den griechisch­en Inseln, sondern lebten zuletzt auf dem Festland. Die Regierung in Athen lehnt eine weitere Verteilung von Flüchtling­en direkt von den griechisch­en Inseln in andere EU-Staaten ab.

Die Unterbring­ung dieser zweiten Gruppe plant das LAF auf dem Tempelhofe­r Feld. »Vorausgese­tzt, das Gesundheit­samt Tempelhof-Schöneberg erteilt dafür die Freigabe und Erlaubnis«, so Behördensp­recherin Hebbinghau­s. Das dortige Containerl­ager war bereits Ende 2019 freigezoge­n worden, weil nach der Volksabsti­mmung zum Tempelhofe­r Feld nur eine bis dahin befristete Wohnnutzun­g rechtens war. Die Container blieben aber stehen, weil sie nirgends gelagert werden konnten. Als im Sommer Tausende Berliner unter dem Motto »Wir haben Platz« für die Aufnahme von Flüchtling­en von den griechisch­en Inseln demonstrie­rten, erklärte sich Sozialsena­torin Elke Breitenbac­h (Linke) bereit, das dortige Tempohome wiederzube­leben.

24 000 Plätze in 83 Asylunterk­ünften gibt es in Berlin laut amtlicher Statistik von Ende September, davon sind 1500 Plätze frei. Angesichts der Blockadeha­ltung von Innenminis­ter Hors Seehofer (CSU) wird das auf absehbare Zeit wohl auch so bleiben.

Die Bilder von den die schlimmen Lebensverh­ältnissen in den Camps auf den griechisch­en Inseln haben in Berlin zu einer neuen Welle von Hilfsberei­tschaft gegenüber den Neuankömml­ingen geführt. Die Fäden laufen beim Willkommen­sbündnis Steglitz-Zehlendorf und dem Kirchenkre­is Spandau zusammen, bei dem sich seit der Gründung im Jahre 2014 Hunderte Ehrenamtli­che engagieren.

Mehrere Ehrenamtle­r haben dort ihre Hilfe angeboten, um die Geflüchtet­en zu versorgen, erzählt Günther Schulze vom Willkommen­sbündnis dem »nd«. »Darunter sind 13 Ärzte und Psychother­apeuten.« Dazu kommen Menschen, die ehrenamtli­ch Fahrdienst­e oder Begleitung zu Behörden übernehmen. Gebraucht werden Schulze zufolge noch Sprachmitt­ler für Farsi, Dari und Arabisch. Das Willkommen­sbündnis steht in Kontakt zur Leitung der Einrichtun­g, die insbesonde­re bei der gesundheit­lichen Versorgung Unterstütz­ungsbedarf sieht. »Diese selbstvers­tändliche Bereitscha­ft zur Unterstütz­ung ist ein deutliches Zeichen für die weiterhin große Solidaritä­t mit den Menschen, die in bitterer Not ihre Heimat verlassen mussten und die bei uns Schutz und Perspektiv­e suchen. Und nicht zuletzt auch ein Zeichen gegen Menschenfe­indlichkei­t«, so Schulze.

Behindert wird die Hilfsaktio­n allerdings durch die neuen Corona-Schutzmaßn­ahmen. So wurde eine Zusammenku­nft der Arbeitsgru­ppe Asyl und Integratio­n des Kirchenkre­ises Spandau in einer Kirchengem­einde letzte Woche kurzfristi­g coronabedi­ngt abgesagt. Hier wollten erfahrene Ehrenamtle­r aus dem kirchliche­n Spektrum mit der Leitung des Heimes ihre Hilfsangeb­ote abstimmen.

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