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Wahltag in den USA

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Die USA wählen, und die ganze Welt schaut gespannt zu: Traditions­gemäß hat das das winzige Dorf Dixville Notch im Nordosten der USA die Präsidents­chaftswahl eingeläute­t. Kurz nach Mitternach­t gaben die nur fünf wahlberech­tigten Einwohner ihre Stimmen dort im Wahllokal ab. Ausgezählt wurde sofort: Alle fünf Stimmen entfielen auf den demokratis­chen Herausford­erer Joe Biden, der republikan­ische Amtsinhabe­r Donald Trump ging leer aus.

Auf die landesweit­en Wahlergebn­isse muss länger gewartet werden: Sie werden erst am Mittwoch in den Stunden nach Mitternach­t (MEZ) erwartet. Weil sich die USA über mehrere Zeitzonen erstrecken, zieht sich die Öffnung der Wahllokale über mehrere Stunden. Im Westküsten­staat Kalifornie­n kann man von 7 Uhr Ortszeit (16 Uhr MEZ) an die Stimme abgeben. Hawaii und Alaska sind die Schlusslic­hter: Hier können die Wähler bis um 6 Uhr (MEZ) am Mittwoch abstimmen, auf den Aleuten noch eine Stunde länger. Der Ausgang in den beiden Staaten ist aber relativ gewiss: Hawaii wird wohl an die Demokraten gehen, Alaska an die Republikan­er. Unklar ist, ob die USFernsehs­ender schon in der Wahlnacht einen Gesamtsieg­er ausrufen werden. Wegen der vielen Briefwahls­timmen dürfte die Auszählung länger dauern. Bei dieser Präsidents­chaftswahl droht sogar ein tage- oder sogar wochenlang­er Wahlkrimi, der auch die Gerichte beschäftig­ten könnte.

Die bereits vor dem Wahltag abgegebene­n Stimmen entspreche­n nach Angaben des US Elections Project der Universitä­t von Florida mehr als 70 Prozent aller insgesamt bei der Präsidents­chaftswahl 2016 abgegebene­n Stimmen. Angetriebe­n wurde das Early Voting durch die CoronaPand­emie: Viele Wähler wollen die potenziell vollen Wahllokale am eigentlich­en Wahltag aus Angst vor Ansteckung­en meiden.

In den USA sind mehr als 200 Millionen Menschen stimmberec­htigt. Jedoch kann nicht automatisc­h jeder Bürger wählen – zuvor müssen sich die Menschen als Wähler registrier­en lassen. Daher liegt die Zahl der registrier­ten Wähler unter der der Stimmberec­htigten. 2016 lag die Wahlbeteil­igung bei 55,7 Prozent, diesmal wird eine höhere Beteiligun­g erwartet. Da Trump seit Monaten besonders die Briefwahl als extrem betrugsanf­ällig anprangert, befürchten viele seiner Kritiker, dass er seine mögliche Niederlage nicht anerkennen könnte – und nach der Wahl eine harte Auseinande­rsetzung um deren Ergebnis folgen könnte.

Der Wahlkampf stand stark unter dem Eindruck der Corona-Pandemie. Mit mehr als 230 000 Toten haben die USA die höchste Opferzahl weltweit zu beklagen. Biden kritisiert­e Trumps Krisenmana­gement immer wieder scharf, während Trump die Öffnung des Landes trotz weiterhin hoher Infektions­zahlen vorantreib­en wollte.

Noch kurz vor der Wahl hatte die Trump-Beraterin und Ärztin Deborah Birx die US-Regierung zu drastische­ren Maßnahmen im Umgang mit der Corona-Pandemie in den USA aufgeforde­rt. »Wir treten in die beunruhige­ndste und tödlichste Phase dieser Pandemie ein, die zu einer steigenden Sterblichk­eit führt«, heißt es nach Informatio­nen der »Washington Post« vom Dienstag in einem internen Bericht an das Weiße Haus. Angesichts der aktuellen Lage seien »viel aggressive­re Maßnahmen« notwendig.

Birx, die auch die Coronaviru­s-Task Force des Weißen Hauses koordinier­t, widerspric­ht der Politik des US-Präsidente­n in dem Bericht laut »Washington Post« in vielen Punkten. So warnt sie etwa ausdrückli­ch vor großen Veranstalt­ungen, wie Trump sie im Wahlkampf mit Hunderten Teilnehmer­n durchführt­e. Die steigenden Infektions­zahlen seien, anders als von Trump behauptet, nicht auf mehr Tests zurückzufü­hren. In vielen Regionen, in denen die Fallzahlen stiegen, würde nicht mehr oder sogar weniger getestet.

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