Viele Wege führen zur Lockerung
Die Bundesregierung berät über den Abbau der Corona-Maßnahmen, andere Länder sind da schneller
Die einzelnen EU-Staaten gehen sehr unterschiedlich mit den Maßnahmen gegen die CoronaPandemie um. Überall müssen die Menschen aber weiter mit Einschränkungen leben.
Berlin. Während die Bundesregierung an diesem Mittwoch über mögliche Lockerungen der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie beraten will, haben andere Länder bereits erste vorsichtige Schritte in Richtung einer Normalisierung unternommen.
Als erstes Land öffnete Österreich am Dienstag zusätzlich zu den ohnehin geöffneten Supermärkten, Apotheken und Zeitungskiosks nun auch andere kleinere Läden sowie Bau- und Gartenmärkte wieder. Überall müssen die Kunden Masken tragen und die Abstandsregeln einhalten. Die Ausgangsbeschränkungen in Österreich bleiben jedoch bis Ende April in Kraft. Laut Fahrplan der Regierung in Wien sollen Anfang Mai auch größere Geschäfte wieder öffnen. Hotels und die Gastronomie sollen voraussichtlich Mitte Mai folgen. Die Schulen in Österreich bleiben ebenfalls noch bis Mitte Mai geschlossen, Veranstaltungen bleiben bis Ende Juni verboten.
Anders hingegen in Dänemark, wo die Kindergärten und Grundschulen bereits ab diesem Mittwoch wieder öffnen sollen. Die Schüler der Mittel- und Oberstufe müssen allerdings noch bis zum 11. Mai warten. Bars, Restaurants, Friseur- und Massagesalons, Einkaufszentren sowie Diskotheken sollen in Dänemark nach wie vor geschlossen bleiben. Auch Versammlungen von mehr als zehn Personen sind weiterhin verboten.
In Frankreich verlängerte Präsident Emmanuel Macron die Ausgangssperre am Montagabend um vier Wochen bis zum 11. Mai. Anschließend sollen zunächst Kitas und Schulen nach und nach wieder öffnen. Restaurants, Bars, Kinos
und Theater bleiben jedoch auch nach dem 11. Mai zunächst geschlossen. Auch die Einreisesperren für Nicht-EU-Länder bleiben bestehen.
Im vom Coronavirus besonders hart gebeutelte Spanien wird die am 14. März verhängte generelle Ausgangssperre aufrecht erhalten. Jedoch durften am Montag erste Fabriken und Bauunternehmen wieder die Arbeit aufnehmen, nachdem alle nicht lebenswichtigen Betriebe wegen des Coronavirus zwei Wochen lang komplett schließen mussten.
In Italien durften erste Buchhandlungen und Wäschereien am Dienstag zunächst versuchsweise wieder öffnen. Die am 12. März verhängte generelle Ausgangsperre gilt jedoch weiter, zunächst bis zum 3. Mai.
In Tschechien kündigte Gesundheitsminister Adam Vojtech vergangene Woche an, mit einer »kontrollierten und schrittweisen Wiederaufnahme des normalen
Lebens« zu beginnen. Einige Auflagen lockerte die Regierung in Prag bereits: Manche Fachgeschäfte durften öffnen und beim Sport entfällt die Maskenpflicht.
Außerhalb Europas hat Indien die landesweite Ausgangssperre wegen der Corona-Gefahr verlängert. Die Maßnahme soll nun bis zum 3. Mai gelten. Ursprünglich sollte die dreiwöchige Ausgangssperre am 15. April enden.
Nach der Krise soll vieles anders werden: Ralf Klingsieck über die Verwandlung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron
Den richtigen Ton hat er getroffen: In seiner vierten Fernsehansprache seit Ausbruch der Coronavirus-Epidemie verkündete Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Montagabend die Verlängerung der Ausgangssperre bis mindestens 11. Mai. Danach erst soll etappenweise die Rückkehr zur Normalität eingeleitet werden. Viele Zuschauer hatten sicher eine schnellere Normalisierung ihres Lebens erhofft. Macron rief sie zu Geduld und Vorsicht auf. Er war umso überzeugender, als er endlich auch Fehler und Versäumnisse bei der Bekämpfung der Epidemie einräumte. Noch vor vier Wochen hatte er zum »Krieg gegen Corona« getrommelt, die Einheit der Nation beschworen. Das war nötig, um seinen Landsleuten den Ernst der Lage klar zu machen.
Macron, der sich als Präsident der Reichen profilierte, sprach jetzt sichtlich bewegt von den Leistungen der Mitarbeiter des Gesundheitswesens, das gestärkt werden müsse. Er gab zu, dass die Krise sozial Schwächere besonders hart trifft. Danach sei ein großes Umdenken und Umlenken nötig, angefangen bei ihm selbst, versicherte Macron. Hat er endlich gelernt aus der Bewegung der Gelbwesten und den Protesten gegen Reformen bei Arbeitsrecht und Rentensystem? Das wird man an seinen Taten messen.