Jürgen Holz Eine desaströse Saison für die Berliner Eisbären
Trotz Verletzungssorgen wollen Alba Berlins Basketballer am Sonntag den Pokalsieg einfahren.
Ob »Aito« Garcia Reneses seinen neuen Spieler schon am Sonntag einsetzen wird, wusste der spanische Trainer von Alba Berlin am Donnerstagmorgen selbst noch nicht. Schließlich hatte er Spielmacher Derrick Walton bis dahin noch nie in persona passen, rennen oder werfen gesehen. Und schließlich ist die anstehende Partie in Bamberg nicht irgendein Ligaspiel. Es geht um den ersten Basketballtitel des Jahres: den deutschen Pokal. Da überlegt selbst ein so risikofreudiger Trainer wie Reneses zweimal, wen er aufs Parkett schickt: »Ich habe ein paar Videos von Walton gesehen. Ich denke, Alba kann sich glücklich schätzen, dass man so einen guten Spieler so spät in der Saison noch verpflichten konnte. Aber ich würde ihn schon gern noch mal im Training sehen.«
Normal sind solche späten Transfers nicht, Doch der neunmalige Pokalsieger Alba hat ein Verletzungsproblem auf genau jener Spielmacherposition. Der etatmäßige Anführer Peyton Siva war lange ausgefallen und wurde vom Serben Stafan Peno anständig ersetzt – bis sich Peno selbst am Knie verletzte. Siva kam vor einer Woche zurück, doch auch wenn er mit Erfahrung und Übersicht viel wettmachen kann, die Spritzigkeit und Sicherheit beim Wurf fehlen dem US-Amerikaner noch.
Da auch die Alternative Joshiko Saibou gerade erst wieder in den Spielbetrieb eingestiegen ist, schaute Alba noch mal nach, ob in Europa vielleicht doch jemand einen neuen Klub sucht – und fand Walton. »Er bringt alles mit, was wir suchen: Er hat einen guten Distanzwurf, kann aber auch seine Mitspieler in Szene setzen«, sagt Sport- direktor Himar Ojeda. »Deswegen hatten wir schon vor knapp zwei Jahren mal versucht, ihn zu holen, als er frisch aus dem College kam. Aber da konnte er in der NBA in Miami unterschreiben.«
Zum Glück für Alba konnte sich der 23jährige US-Amerikaner in der besten Liga der Welt nicht durchsetzen. Er ging nach Litauen, bekam in Kaunas aber zuletzt auch kaum noch Einsatzchancen. Also ging er jetzt zu Alba. Im ersten Training trottete er am Donnerstag auf der Suche nach seinem Platz im Kader oft noch hinterher. Wenn aber noch nicht mal der Trainer selbst weiß, wo der ist, wird’s schwer. »Mal sehen, wie schnell er die Systeme lernen kann. Alles kann man in drei Tagen nicht lernen. Unmöglich! Aber vielleicht kann er uns in der einen oder anderen Situation doch schon helfen«, so Reneses.
Für die Berliner ist es nicht der perfekte Zeitpunkt für ein Pokalfinale. Im Gegensatz dazu hat sich Gegner Bamberg, der am Sonntag auch noch Heimrecht hat, offenbar endlich mit seinen Stars Tyrese Rice, Ricky Hickman und Nikolaos Zisis eingespielt. Alle drei haben in der Euroleague schon den höchsten Klubtitel gewonnen. Von den jungen Berlinern ist kaum einer überhaupt mal in der Euroleague aufgelaufen.
All das sei aber egal , sagt Flügelspieler und Allrounder Luke Sikma: »Im vergangenen Jahr waren wir voll im Rhythmus und haben dann doch das Finale in München verloren. Diesmal haben wir trotz unserer Probleme das Viertelfinale in München gewonnen. In nur einem Spiel kann eben alles passieren. Wenn wir das umsetzen, was wir uns vornehmen, haben wir immer eine Chance.«