Tempoverstoß: Polizeiliche Schätzung allein reicht nicht
Verkehrsrecht
Soll jemand wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung ein Bußgeld zahlen, muss ihm der Verstoß auch nachgewiesen werden. Die Schätzung der Polizei, der Fahrer sei schneller als die erlaubten 30 km/h gefahren, reicht allein nicht.
Ergibt sich aus der Fahrweise des Betroffenen und anderer Verkehrsteilnehmer der Verstoß nicht, genügt auch das nicht. Selbst ein Geständnis des Betroffenen reicht dann nicht.
Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert in diesem Zusammenhang über eine Entscheidung des Amtsgerichts Dortmund vom 6. Februar 2018 (Az. 729 OWi261 Js 2511/17-379/17).
Im verhandelten Fall wurde dem Autofahrer vorgeworfen, in einer Tempo-30-Zone zu schnell gefahren zu sein. Eine Geschwindigkeitsmessung hatte die Polizei nicht durchgeführt. Ihr Vorwurf basierte auf einer Schätzung. Zudem hatte der Mann am Unfallort gesagt: »Es stimmt: Ich war zu schnell.«
Gegen den Bescheid wandte sich der Mann mit Erfolg. Eine Geschwindigkeitsschätzung der Polizei reiche nicht aus, so das Gericht. Ohne konkrete Ge- schwindigkeitsfeststellungen sei ein besonderes Fahrverhalten oder ein hierdurch bedingtes Fahrverhalten anderer Verkehrsteilnehmer notwendig, aus dem sich schließen ließe, dass er zu schnell gewesen sei. Sei dies nicht der Fall, könne ihm keine Geschwindigkeitsüberschreitung vorgeworfen werden, auch wenn er vor Ort ein Geständnis abgab.
Schaden beim Ausparken in Einbahnstraße
Auch in einer Einbahnstraße muss ein ausparkender Fahrer damit rechnen, dass ein Fahrzeug mit Sonderrechten oder auch ein Fußgänger die Einbahnstraße in der entgegengesetzten Richtung nutzt. Bei einem Unfall haftet der Ausparkende auch in einer Einbahnstraße allein. Das entschied nach Information der AG Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins das Oberlandesgericht Oldenburg am 23. April 2018 (Az. 4 U 11/18).
Auf einem Autobahnparkplatz wollte der Mann rückwärts aus einer Parkbucht ausparken. Dort galt die Einbahnstraßenregelung. Er stieß mit einem Transporter der Straßenbaubehörde zusammen. Das Fahrzeug befuhr die Fahrgasse entgegen der Einbahnstraßenrichtung. Der Mann und die Straßenbaubehörde gaben sich gegenseitig die Schuld und forderten beide Schadenersatz.
Das Landgericht gab der Behörde Recht. Deren Mitarbeiter hätte korrekt gehandelt. Er hätte die Einbahnstraße in entgegengesetzter Richtung befahren dürfen. Die Fahrt sei zur Kontrolle des Parkplatzes auf mögliche Schäden erfolgt.
Der Autofahrer fühlte sich im Recht und klagte weiter. Er meinte, der Mitarbeiter hätte den Autobahnparkplatz genauso gut zu Fuß kontrollieren können. Das Oberlandesgericht sah den Fall genauso wie das Amtsgericht. Der Mann hätte beim Ausparken beide Fahrtrichtungen absichern müssen. Er habe damit rechnen müssen, dass ein Fahrzeug mit Sonderrechten oder auch ein Fußgänger die Einbahnstraße in der entgegengesetzten Richtung nutze. Der Behördenmitarbeiter habe das ihm gesetzlich eingeräumte Sonderrecht wahrgenommen. Damit habe er sich ordnungsgemäß verhalten. Ein Fahrzeugführer müsse sich im Übrigen beim Rückwärtsausparken laufend darüber vergewissern, dass niemand zu Schaden komme.