Individualisierte Preisdifferenzierung im Online-Handel
Regelmäßig beschweren sich Verbraucher mit dem Verdacht, Online-Händler würden je nach Wohnort oder verwendetem Endgerät der Kunden zeitgleich unterschiedliche Preise für dasselbe Produkt ausweisen.
Dem ist das Team des Marktwächters Digitale Welt der Verbraucherzentrale Brandenburg (VZB) nachgegangen und hat Preise von 16 deutschen Online-Händlern, Amazon und Händlern des Amazon-Marktplatzes untersucht – mit überraschendem Ergebnis: Die wenigsten Online-Händler wenden eine individualisierte Preisdifferenzierung an. Gründe für die Verunsicherung der Verbraucher gibt es dennoch.
Bereits im August 2018 veröffentlichten die Marktwächter-Experten der VZB die Untersuchung »Dynamische Preis- differenzierung im deutschen Online-Handel«. Während hier die Änderung der Preise im Zeitverlauf im Fokus stand, untersuchte das Team diesmal eine Individualisierung der Preise nach kundenbasierten Parametern wie dem jeweiligen Endgerät, beispielsweise dem Smartphone, oder nach dem Standort. Um herauszufinden, ob Kunden zur gleichen Zeit im gleichen Online-Shop für das identische Produkt unterschiedliche Preise erhalten, wurden Preise von 1554 Artikeln bei 16 Online-Händlern, Amazon und mehr als 2000 Händlern des Amazon-Marktplatzes vom 31. Januar bis 6. September 2018 auf fünf Endgeräten und an drei Standorten ausgewertet.
Die Ergebnisse sind ein neuer Beleg für die schwere Ver- gleichbarkeit von Preisen für Verbraucher im Internet. Die Vielfältigkeit der Preisgestaltung im Online-Handel – von hoher Dynamik, über Standortdifferenzierung, unterschiedlicher Darstellung auf den Endgeräten bis hin zu Versandkosten als Preisschraube – sorgen für Intransparenz beim Kunden. Für Verbraucher gibt keinen verlässlichen Preis mehr. Auf Verbraucherseite könnten Vertrauensverlust und Abkehr von Online-Händlern die Folgen sein.
Lediglich bei zwei OnlineHändlern ließ sich eine Preisdifferenzierung nach Standort feststellen. Beim Autoteilehändler atu.de variierten acht Prozent der Artikel. Die höchste Ersparnis lag bei einem Motorenöl, für das Marburger Kunden am 30. Juni nur 39,99 Euro anstelle der sonst üblichen 64,99 Euro zahlten. Beim Baumarkt obi.de variierten sogar mehr als die Hälfte der beobachteten Preise. Es konnte aber kein systematischer Preisvorteil für einen der untersuchten Standorte festgestellt werden. Mal profitierte der eine, mal der andere.
In Hinblick auf eine Individualisierung der Preise nach Endgeräten ergibt die Untersuchung: Tatsächlich zeigen verschiedene Endgeräte in einem Zeitraum von 20 Minuten bei einem deutlichen Anteil der untersuchten Produkte unterschiedliche Preise an – in der Kategorie Spielzeug sogar bei 61 Prozent.
Die Preisunterschiede lassen sich jedoch auf andere Ursachen zurückführen: Werden Preise nahezu minütlich geän- dert, ist es kaum mehr möglich, zu unterscheiden, ob es sich um hoch dynamische oder individualisierte Preisdifferenzierung handelt. Zudem stellen mobile Geräte Artikelinformationen meist stark verkürzt dar. Nicht immer ist für den Verbraucher dadurch ersichtlich, für welche spezifische Modellvariante der angezeigte Preis gilt. Es entsteht der Eindruck unterschiedlicher Preise für das vermeintlich gleiche Produkt. Bei acht der beobachteten Artikel gab es Preisauffälligkeiten, die sich auf unterschiedlich hohe Versandkosten zurückführen ließen.
Die Vielfältigkeit der Preisgestaltung im Online-Handel – von hoher Dynamik, über Standortdifferenzierung, unterschiedlicher Darstellung auf den Endgeräten bis hin zu Versandkosten als Preisschraube – sorgen für Intransparenz beim Kunden.