Entlassung von Brandstifter Staatsversagen
Musste in Brandenburg ein Neonazi aus der Haft entlassen werden, weil die Gerichte unterbesetzt sind? Der Rechtsausschuss des Landtags will das am 8. Januar besprechen.
»Als Bürgerin habe ich für diese Entscheidung wenig Verständnis«, bekennt die Landtagsabgeordnete Margitta Mächtig (LINKE). Das Oberlandesgericht hatte am Donnerstag die Entlassung des Neonazis Maik Schneider aus der Untersuchungshaft verfügt – wegen überlanger Verfahrensdauer. »Für viele Menschen, insbesondere für jene, die sich aktiv gegen Fremdenfeindlichkeit engagieren, können damit Zweifel an der Durchsetzungsfähigkeit des Rechtsstaates wachsen«, bedauert Margitta Mächtig.
Immerhin wird dem damaligen NPD-Stadtverordneten Maik Schneider zur Last gelegt, dass er im August 2015 mit Komplizen die
»Ich weiß, dass jeden Tag schwer gearbeitet wird in der brandenburgischen Justiz.«
Stefan Ludwig, LINKE-Justizminister
Turnhalle des Oberstufenzentrums in Nauen (Havelland) anzündete, kurz bevor dort provisorisch Flüchtlinge untergebracht werden konnten.
Sie hoffe sehr, so sagte die Abgeordnete Mächtig, dass die Gerichte zügig organisatorische Maßnahmen ergreifen, damit sich unvertretbare Verzögerungen in der Durchführung von Strafverfahren nicht wiederholen. Es gelte der Grundsatz: »Die Strafe muss der Tat schnellstmöglich folgen.«
Schneider ist nicht der einzige Fall. Zuvor war schon ein Mörder wegen seines überlangen Verfahrens aus der Untersuchungshaft entlassen worden.
Nicht einverstanden ist Mächtig mit einer ihrer Ansicht nach reflexhaften Einschätzung der CDU, die brandenburgischen Gerichte seien unterbesetzt und dies sei Ursache dafür, dass der Neonazi Schneider erst einmal auf freien Fuß gesetzt werden musste.
Wäre es so, wie die Opposition sagt, dann läge die Verantwortung bei Justizminister Stefan Ludwig (LINKE). Denn der muss schließlich, wenn es tatsächlich notwendig ist, in den Haushaltsverhandlungen um mehr Personal kämpfen und das dann auch durchsetzen.
Von einem desolaten Zustand der Strafverfolgung spricht Riccardo Nemitz, Landeschef des Bundes der Kriminalbeamten. Für Grünen-Fraktionschefin Ursula Nonnemacher gehört eine konsequente und zügige Strafverfolgung zu den Kernaufgaben des Staates. Nun jedoch komme eine Symbolfigur der rechten Szene wegen »vermeidbarer Verfahrensverzögerungen« frei. »Das wirft erneut Fragen zu Ausstattung und Arbeitsfähigkeit unserer Gerichte auf«, findet Nonnemacher.
Justizminister Ludwig sieht indes keine generelle Überlastung der Gerichte. Wieso die Zustellung des ersten Urteils ein halbes Jahr gedauert hat, kann er sich nicht erklären. »Ich weiß, dass jeden Tag schwer gearbeitet wird in der brandenburgischen Justiz und deswegen sich solche Einzelfälle besonders ärgerlich«, sagte Ludwig dem rbb-Inforadio. Der Brandstifter werde der Strafverfolgung aber nicht entgehen, betonte er. Allerdings könne es sein, dass ihn nun nicht das volle mögliche Strafmaß treffe.
Generell kann es vorkommen, dass Gerichte eine überlange Verfahrensdauer als strafmildernd berücksichtigen.