Lithium für Deutschland
Die Bundesrepublik bekommt Zugang zu einem wichtigen Rohstoff – in Bolivien
Wegen der steigenden Nachfrage nach Batterien im Rahmen der Energiewende wird auch in Deutschland deutlich mehr Lithium benötigt. Jetzt startet eine Partnerschaft mit Bolivien.
ThyssenKrupp stellte kürzlich in seinem Kieler Werk eine »fortschrittliche Batterielösung« für industrielle Anwendungen vor. Das neuartige Batteriesystem ist für militärische U-Boote entwickelt worden. »Die Nutzung hat enorme taktische Vorteile«, versicherte Rolf Wirtz, Chef von ThyssenKrupp Marine Systems. »Wir treten damit in eine neue Ära des U-BootBaus ein.« Im Vergleich zur herkömmlichen Blei-Säure-Batterie sei der Wartungsaufwand verschwindend gering und die Lebensdauer um ein Vielfaches höher. Zudem könne ein UBoot unabhängig vom Ladezustand der Batterie auf Höchstgeschwindigkeit fahren. In veränderter Form werde das System dann auch für andere maritime Anwendungen zum Einsatz kommen, versichert ThyssenKrupp. Möglich macht diese Wunderwaffe ein chemisches Element: Lithium.
Unter den Alkalimetallen hat Lithium den höchsten Schmelz- und Siedepunkt. Aufgrund solcher und weiterer Eigenschaften wird der Roh- stoff in unterschiedlichen Bereichen angewandt. Lithiumakkus stecken in allen batteriebetriebenen Geräten vom Smartphone bis zum E-Bike, vom Tablet-Computer bis zum Elektrofahrzeug. Und auch beim Speichern von erneuerbarer Energie ist das »weiße Gold« unverzichtbar.
Mit dem erwarteten Boom der Elektromobilität soll Lithium noch wichtiger werden – insbesondere für Deutschlands Autoindustrie. Lithium gilt daher in Wirtschaft und Politik als einer der Schlüsselrohstoffe des 21. Jahrhunderts. Das Problem: Bisher fehlte ein direkter Zugang zu den Vorkommen.
Das ändert sich nun. An diesem Mittwoch wird Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in Berlin die Gründung eines öffentlich-privaten Joint Ventures mit dem bolivianischen Staatsunternehmen Yacimientos de Litio Bolivianos (YLB) be- kannt geben. Altmeiers Botschaft: Deutschland erhält erstmals seit Jahrzehnten wieder einen eigenen Zugang zu einem wichtigen nicht heimischen Rohstoff.
Das Joint Venture soll in den Anden zur umwelt- und sozialverträglichen Erschließung des größten Lithiumvorkommens der Welt beitragen. Welche Bedeutung die Partnerschaft für das südamerikanische Land hat, zeigt sich daran, dass Boliviens Präsident Juan Evo Morales Ayma und mehrere Minister zu dem Festakt anreisen. Sie erhoffen sich Rückenwind für die heimische Wirtschaft, die stark vom Export agrarischer und mineralischer Rohstoffe abhängt. Daher investiert das Land viel Geld in den Ausbau seiner Infrastruktur. auch, um unabhängiger von den kriselnden Nachbarstaaten zu werden. Mit einem Wachstum von etwa 4,3 Prozent in diesem Jahr sieht man sich in La Paz auf einem guten Weg. Für 2019 erwartet die deutsche Außenhandelsgesellschaft GTAI ein ebenso hohes Wirtschaftswachstum.
Partner von YLB wird die deutsche ACI Systems Alemania GmbH. Das Unternehmen aus Baden-Württemberg bietet eine breite Technikpalette von der Gewinnung von Rohstoffen bis zur Fertigung von Batteriesystemen. In Bolivien sollen laut ACI bis zu 1000 Arbeitsplätze geschaffen werden und bis zu 10 000 Jobs indirekt entstehen. Der Vertrag läuft über 70 Jahre.
Derzeit wird die globale Lithiumproduktion von einem »Oligopol« dominiert, beklagt das Wirtschaftsministerium in Stuttgart. Und beim Bau von Batterien seien Deutschland und Europa »nahezu vollständig abhängig von asiatischen Herstellern«, sagt die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Nicole HoffmeisterKraut (CDU) auf nd-Anfrage.
Wegen des erwarteten Nachfrageschubs durch die E-Mobilität sowie stationäre Speicher für erneuerbare Energien ist Lithium schon länger in den Fokus deutscher Ministerien und Unternehmen gerückt. Laut der Studie »Rohstoffe für Zukunftstechnologien«, die das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung für das Bundeswirtschaftsministerium erstellt hat, wird die Nachfrage nach dem Edelmetall bis 2035 stark ansteigen. Der zusätzliche Bedarf allein für elektrisch betriebene Pkw in Deutschland wird auf das 3,5Fache der heutigen weltweiten Lithiumproduktion geschätzt.
Für entsprechende Nachfrage nach dem deutsch-bolivianischen Lithium wird bereits gesorgt. Der chinesische Konzern CATL baut eine Großfabrik für Batteriezellen in Thüringen. Und bei VW wird über eine eigene Batteriefertigung nachgedacht.
Lithium gilt daher in Wirtschaft und Politik als einer der Schlüsselrohstoffe des 21. Jahrhunderts. Bisher fehlte ein direkter Zugang.