Bittere Verführung
Auch bei Schokolade: Trend zum Purismus – und zum Erhalt wertvoller Inhaltsstoffe
Hochwertige Schokolade ist nicht süß, aber gesund.
Hochwertige Schokolade, am besten ohne Milchpulver und kaum gesüßt sowie nur in Maßen verzehrt, kann zur Gesundheit der Blutgefäße beitragen. Gesundheit und Genuss müssen keinen Gegensatz darstellen. Gerade bei Schokolade zeugt ein vortrefflicher Geschmack zugleich von guter Qualität in der Verarbeitung und im Mengenverhältnis der Zutaten. In Maßen genossen, verbessern die Inhaltsstoffe von Kakaobohnen die Kontraktionskraft des Herzens, weiten die Blutgefäße, beugen Bluthochdruck vor und schützen so Herz wie Gehirn. Vor allem eines zeichnet eine hochwertige Schokolade aus: Sie ist nicht zu süß! Jedoch gilt es zu bedenken, dass der Kakaobaum, botanisch Theobroma cacao, ähnliche psychotrope Substanzen produziert, wie sie auch in Kaffee oder Tabak vorkommen, nämlich Alkaloide. Daher besteht eine gewisse Gefahr, süchtig danach zu werden. Somit steht die Frage, wie viel Schokolade der Gesundheit förderlich ist.
Neben einem relativ geringen Proteingehalt finden sich in den Kakaobohnen verschiedene Fettsäuren. Auffällig ist das hohe Vorkommen von Mineralstoffen wie Magnesium, Kalium, Eisen, Kupfer, Zink und Chrom. Nennenswert sind zudem die Vitamine D, E, B3 und Pantothensäure (B5). Der Gehalt an Vitamin D beträgt jedoch nur zwei bis fünf Mikrogramm pro 100 Gramm Schokolade. Um im Winter einen guten Vitamin-D-Spiegel zu erreichen, braucht man nach neueren Erkenntnissen mindestens 25 Mikrogramm des Wirkstoffs pro Tag.
Darüber hinaus produziert der Kakaobaum eine Vielzahl von Stoffen, die er eigentlich nicht für Wachstum und primären Energiestoffwechsel braucht, sekundäre Pflanzenstoffe genannt. Der Pflanze dienen sie häufig als Fraßgifte, damit die Kakaobohnen, die ja eigentlich als Samen für neue Pflanzen dienen sollen, nicht von Mensch oder Tier verzehrt werden. Tatsächlich sind die Koffein ähnlichen Substanzen aus Kakaoerzeugnissen etwa für Hunde stark giftig.
Zu den sekundären Pflanzenstoffen in der Kakaobohne gehören die beiden Flavanole Epicatechin und Catechin, die Thrombosen (Blutgerinnseln) vorbeugen, in geringem Umfang den Cholesterinspiegel senken, die Blutgefäße erweitern und zu einem normalen Blutfluss beitragen. Dafür sollten täglich 200 Milligramm Kakaoflavanole aufgenommen werden. Diese Menge erzielt man zum Beispiel mit circa 10 bis 25 Gramm dunkler Schokolade mit mindestens 70 Prozent Kakaoanteil.
Nach dem Schälen und Zerkleinern der Kakaobohne entsteht zu- nächst die Kakaomasse mit vielen bioaktiven Inhaltsstoffen. Die durch Mahlen und Abpressen gewonnene Kakaobutter enthält fast keine Flavanole mehr. Somit enthält weiße Schokolade, weil sie nur aus Kakaobutter, Zucker und Kuhmilch hergestellt wird, nur geringe Spuren dieser gesundheitsfördernden sekundären Pflanzenstoffe.
Das in Schokoprodukten verwendete Milchpulver ist wahrscheinlich der Bestandteil, der für das Entstehen von Hautunreinheiten verantwortlich ist. Jüngere Kinder vertragen Vollmilchschokolade meistens noch recht gut. Ab dem Teenager-Alter können Zartbitterschokolade oder vegane Schokoladensorten mit Reismilch eine Alternative bei problematischer Haut sein.
Je höher der Anteil an Kakaomasse in einer Schokolade ist, umso höher liegt gewöhnlich auch der Gehalt der gesundheitsfördernden Polyphenole. Jedoch können je nach Sorte der Kakaobäume, Anbaugebiet, Düngung sowie Verarbeitung der Kakaobohnen die Mengen der Flavanole stark schwanken. Auf stark mit Stickstoff gedüngten Plantagen werden Kakaobohnen mit wesentlich geringerem Anteil dieser sekundären Pflanzenstoffe geerntet. Beim biologischen Anbau, bei dem grundsätzlich auf chemisch-synthetischen Stickstoffdünger verzichtet wird und nur langsam verfügbarer organischer Kompost zum Einsatz kommt, werden in den Kakaobäumen auch mehr Catechine und Anthocyane gebildet. Ein stärkerer Bittergeschmack kann auf einen hohen Flavanolgehalt hinweisen. Die Dauer der Fermentation, welche die Kakaobohnen durchlaufen, spielt dabei eine Rolle. Sie wirkt sich bei den einzelnen Sorten anscheinend unterschiedlich aus. Längere Röstzeiten verringern den Gehalt gesunder Substanzen, verbessern aber Aroma und Geschmack.
Alternative Verarbeiter setzen seit einigen Jahren auf Rohkakao und Schokoladen in Rohkostqualität, die bei maximal 40 Grad Celsius zerkleinert, gepresst und conchiert werden. Viele gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe bleiben dadurch besser erhalten. Jedoch muss man sich an die Konsistenz von Rohschokolade erst gewöhnen. Den zarten Schmelz, der durch 40 Stunden langes Walzen entsteht, wird man bei Rohkostschokoladen beim ersten Probieren vielleicht vermissen. Hingegen wird man einen etwas anderen Biss – leicht gris- selig – feststellen, zudem eine stärker anregende und stimmungsaufhellende Wirkung.
Die beiden Alkaloide Koffein und Theobromin sind für die Wirkung von Schokolade auf das zentrale Nervensystem verantwortlich. Kakaobohnen enthalten im Mittel 0,2 Prozent Koffein und 1,5 Prozent Theobromin. Zum Vergleich: Kaffeebohnen enthalten bis zu 2,5 Prozent Koffein, aber kein Theobromin. Empfindliche Menschen können von einer Tafel Bitterschokolade wachgehalten werden. Bei den meisten aber hat Schokolade durch den höheren Anteil von Theobromin eine eher beruhigende Wirkung.
Einen Nachteil haben Kakao- und Schokoladenprodukte: Je höher der Anteil an Kakaomasse, umso höher ist auch der Gehalt an Schwermetallen wie Cadmium, das bei höherer Zufuhr die Nieren belastet und als krebserregend gilt. Im Mittel werden in 100 Gramm Bitterschokolade 24 Mikrogramm Cadmium gefunden, welches die Kakaobäume aus der vulkanischen Erde, auf der sie gedeihen, in relativ großer Menge aufnehmen. Da die durchschnittliche tägliche Cadmium-Aufnahme über andere Nahrungsmittel bereits 13 Mikrogramm beträgt, bleiben für eine tolerable Aufnahme maximal 12 Mikrogramm pro Tag, also maximal 50 Gramm Schokolade am Tag. Sicherheitshalber sollten nur maximal 200 Gramm Bitterschokolade pro Woche verzehrt werden.