Steinmeiers Charme-Offensive
Bundespräsident will Südafrika als Bündnispartner im UN-Sicherheitsrat gewinnen
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sieht bei seinem Besuch in Südafrika »Aufbruch«. Der dortige Staatschef Cyril Ramaphosa erhofft sich deutsche Investitionen für die kränkelnde Wirtschaft. Frank-Walter Steinmeiers Visite war durchaus historisch. Der bis dato letzte Bundespräsident, der Südafrika einen Staatsbesuch abstattete, hieß Jo- hannes Rau, das war im Jahr 2002. Joachim Gauck kam 2013 lediglich zur Beerdigung Nelson Mandelas, Christian Wulff drei Jahre zuvor zum Finale der Fußballweltmeisterschaft und Horst Köhler gar nicht. Zufällig oder einfach mal wieder an der Zeit war Steinmeiers Besuch aber dennoch keineswegs. Der Bundespräsident sieht stattdessen nach dem erzwungenen Rücktritt des von unzähligen Korruptionsskandalen umwitterten Ex-Präsidenten Jacob Zuma im Februar nun den »richtigen Zeitpunkt, an der Erneuerung der Beziehungen zwischen Deutschland und Südafrika zu arbeiten«.
Empfangen wurde Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier von Südafrikas Staatschef Cyril Ramaphosa am Dienstag in Kapstadt mit 21 Kanonenschüssen und einer Exerziervorführung. Dass die beiden auf Kriegsfuß stehen, ließe sich aus der Standard-Protokollübung allerdings nicht ableiten, ganz im Gegenteil: Südafrikas Regierung sucht dringend Investoren – und das deutsche Staatsoberhaupt, angereist mit einer Wirtschaftsdelegation, machte in dem Land »nicht weniger als einen Aufbruch« aus.
Steinmeier lobte auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Ramaphosa die »Verfolgung von Korruption« und die »Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz«, die er am Kap ausmachte. Die Erzählung Steinmeiers ist einfach: Nun da das korrupte Regime abgelöst ist, kann die Wirtschaft wieder aufblühen. Gleich nachdem er die Ehrengarde auf dem von Nieselregen durchtränkten roten Teppich abgeschritten hatte, stellte er seine Unternehmerdelegation dem südafrikanischen Kabinett vor. Mehr als 600 deutsche Firmen waren zwar auch schon unter dem nun verteu- felten Zuma am Kap vertreten, manche von ihnen mit durchaus gewinnbringender Beteiligung an den korrupten Geschäften von dessen Clique, doch der Bundespräsident glaubt, dass das »Potenzial größer ist, als bisher ausgeschöpft«.
Hinter der Charme-Offensive steckt aber auch, dass Deutschland sich die Unterstützung Südafrikas erhofft, wenn Vertreter beider Länder ab 2019 zur gleichen Zeit für zwei Jahre als nichtständige Mitglieder im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sitzen. Entsprechend warb Steinmeier in Südafrika auch dafür, nationalistischen Tendenzen global entgegenzutreten. Interpretiert wird das gern als Anwurf gegen US-Präsident Donald Trump. Gemeint ist aber auch, dass Berlin die Regierung in Pretoria, die unter Zuma noch meist an der Seite Chinas und Russlands stand, nun auf seine Seite ziehen will.
Diese stärkere Orientierung gen Westen erhofft sich freilich auch die deutsche Wirtschaft vom neuen Staatschef. Die Bundesrepublik ist derzeit zweitwichtigster Handelspartner Südafrikas, vor den USA, aber hinter China. Waren im Wert von 9,5 Milliarden Euro gingen 2017 aus Deutschland ans Kap, was bei einem Importvolumen von 7,3 Milliarden Euro einen Exportüberschuss von satten 2,2 Milliarden Euro bedeutete. Leichte Verstimmungen gibt es derzeit nur beim Thema Landreform, weil Südafrikas Parlament sich derzeit damit befasst, die Möglichkeit entschädigungsloser Enteignungen von Ländereien in die Verfassung aufzunehmen. Ramaphosa versicherte jedoch, Investoren sollten »keine Sorge haben, dass ihnen ihre Investitionen genommen« würden. »So sind wir nicht gestrickt«, erklärte der Südafrikaner, zum sichtbaren Gefallen des Gastes.