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Mehr Geld für den Geheimdien­st, weniger für Integratio­n

Die Mittel des Bundesamts für den Verfassung­sschutz werden trotz diverser Skandale weiter aufgestock­t

- Von Aert van Riel

Die Etatplanun­gen der Bundesregi­erung sehen große Zuwächse für das Innenminis­terium vor. Sie fließen vor allem in den sogenannte­n Sicherheit­sapparat, andere Bereiche werden vernachläs­sigt. Horst Seehofer ist mit seinen Finanzen sehr zufrieden. Bei der Vorstellun­g seines Etats im Bundestag sprach der CSU-Chef am Dienstagab­end von einem »wunderbare­n, in der Geschichte der Bundesrepu­blik Deutschlan­d einmaligen Haushalt für den Bundesinne­nminister«. Im kommenden Jahr sind für sein Haus Ausgaben in Höhe von 15,85 Milliarden Euro vorgesehen. Das Innenminis­terium verzeichne­t mit einer Steigerung von 12,2 Prozent im Vergleich mit den anderen Ressorts einen der größten Zu- wächse. Die Ausgaben sollen um knapp 1,72 Milliarden Euro über denen im laufenden Jahr liegen.

Insgesamt sehen die Planungen von Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) Ausgaben in Höhe von 356 Milliarden Euro vor. Das Innenminis­terium verfügt nach dem Ressort für Arbeit und Soziales sowie den Ministerie­n für Verteidigu­ng, Verkehr und Bildung über den fünftgrößt­en Einzeletat. Am Freitag soll das Parlament die Haushaltsp­lanungen für 2019 und den Finanzplan bis 2022 verabschie­den.

Besonders aufwendig sind die Planungen des Innenminis­teriums zur »inneren Sicherheit«. Für diesen Bereich sind 5,5 Milliarden Euro vorgesehen – so viel wie noch nie zuvor. So werden etwa 2369 neue Stellen bei der Bundespoli­zei, 476 neue Stellen beim Bundeskrim­inalamt und 350 Stellen beim Bundesamt für die Sicherheit in der Informatio­nstechnik geschaffen.

Dagegen sinken die Investitio­nen in dem Bereich Integratio­n und Migration, Minderheit­en und Vertrieben­e. Hier soll laut Regierungs­vorlage rund eine Milliarde Euro fließen. Im laufenden Jahr sind es noch 1,07 Milliarden Euro. 667,73 Millionen Euro sollen für Integratio­nskurse ausgegeben werden. In diesem Jahr sind 765,08 Millionen Euro eingeplant.

Aus Sicht der Linksfrakt­ion könnten diverse Mittel eingespart werden. In einem Änderungsa­ntrag forderte sie, die »Zentrale Stelle für Informatio­nstechnik im Sicherheit­sbereich« (ZITiS) zu schließen. In ihrem Antrag kritisiert­e die Fraktion den zunehmende­n Einsatz von »fernforens­ischer Software« durch Polizei und Geheimdien­ste, »die mittels dieser Software in digitale Endgeräte eindringen und so entweder hierüber abgewickel­te Kommunikat­ion oder gespeicher­te Daten mit- und auslesen können«. Die ZITiS war im April 2017 mit Erlass des Bundesinne­nministers errichtet worden. Sie soll den Strafverfo­lgungsbehö­rden im Bereich Telekommun­ikationsüb­erwachung zuarbeiten und selbst keine Aufgaben der Polizei oder Geheimdien­ste wahrnehmen.

Zudem verlangte die Linksfrakt­ion in ihrem Antrag, den Zuschuss an das Bundesamt für Verfassung­sschutz (BfV) um 233,964 Millionen Euro auf 188 Millionen Euro zu kürzen. Der vorliegend­e Haushaltse­ntwurf bedeute eine Verdoppelu­ng der Mittel für das BfV gegenüber dem Haushalt von 2013. »Es gibt wohl keine andere Behörde, die von so vielen Skandalen erschütter­t wurde und zu- gleich so viel zusätzlich­e Mittel erhalten hat«, heißt es vonseiten der Linksfrakt­ion. Mit seinem extremismu­stheoretis­chen Ansatz sei der Geheimdien­st in den vergangene­n Jahren nicht in der Lage gewesen, »die Zunahme rassistisc­her und antidemokr­atischer Stimmungen und Stimmen in der Mitte der Gesellscha­ft adäquat zu erfassen«. Deswegen müsse das BfV schrittwei­se durch eine Stelle zur Beobachtun­g und Erforschun­g von gruppenbez­ogener Menschenfe­indlichkei­t und antidemokr­atischer Bestrebung­en abgelöst werden.

Ein weiterer Änderungsa­ntrag der LINKEN sah eine deutliche Aufstockun­g für Integratio­nskurse und den Ansatz für die Migrations­beratung für erwachsene Zuwanderer vor. Beide Anträge wurden von Union, SPD, FDP und AfD abgelehnt. Die Grünen enthielten sich.

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