Union streitet über Migrationspakt
Gesundheitsminister Spahn fordert Abstimmung auf CDU-Bundesparteitag
Jens Spahn lehnt den UN-Migrationspakt nicht direkt ab, regt aber an, ihn in der Union noch einmal zu erörtern. Das sorgt nun bei den Konservativen für Streit.
Berlin. In der Diskussion über den geplanten UN-Migrationspakt stößt Gesundheitsminister Jens Spahn in der CDU auf Kritik mit seinem Vorschlag, über eine deutsche Zustimmung erst noch auf dem Parteitag im Dezember zu diskutieren. Mehrere Parteikollegen wiesen die Idee des CDU-Vorsitzkandidaten, das internationale Dokument notfalls später zu unterschreiben, ebenso zurück wie von anderen erhobene inhaltliche Bedenken gegen den Pakt. Mit dem »Globalen Pakt für Migration« wollen die Vereinten Nationen erstmals Grundsätze für den Umgang mit Flüchtlingen festlegen.
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), sagte der »Bild«Zeitung: »Die Unterzeichnung des Migrationspakts notfalls zu verschieben, wäre eine doppelte Führungsschwäche, die sich Deutschland nicht erlauben darf.« Der Pakt sei auch »ein enorm wichtiger erster Schritt der internationalen Gemeinschaft, Migration zu steuern«.
Fraktionsvize Stephan Harbarth (CDU) bewertet das ähnlich und sagte der Heidelberger »Rhein-Neckar-Zeitung«: »Es gibt keine Veranlassung, etwas an dem vorgesehenen Zeitplan für den UN-Migrationspakt zu ändern.« In Carsten Linnemann (CDU) stellte sich ein anderer stellvertretender Fraktionschef allerdings hinter Spahn. Ebenso wie der Gesundheitsminister wolle er beim Hamburger Parteitag abstimmen lassen, ob die Bundesregierung diesem Abkommen beitre- Peter Altmaier, CDU
ten solle, sagte Linnemann am Montag im RBB-Inforadio. Der Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung von CDU und CSU fügte an, ihm fehle bei dem Vorhaben die Ausgewogenheit: »Ich glaube, insgesamt ist das ein Loblied auf die Migration. Ich will nicht sagen, dass Migration per se etwas Schlechtes ist (...). Aber man darf nicht blauäugig sein und Migration so definieren, dass sie per se etwas Gutes ist.«
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte im ZDF-»Morgenmagazin«, er sei von Spahns Vorstoß überrascht. Vorletzte Woche hätten die Unions-Bundestagsabgeordneten über das Thema diskutiert – »es gab eine ganz breite Mehrheit, dass wir uns hier von populistischen Kräften nicht ins Boxhorn jagen lassen«. Er habe zudem nicht den Eindruck gehabt, dass sich Spahn bei jener Gelegenheit »in der Weise« geäußert habe wie jetzt. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sagte der »Rheinischen Post«, derzeit werde »zum Teil sehr bewusst Panik erzeugt«. Das trage nicht »zur sachlichen Diskussion bei und ärgert mich«. Der UN-Migrationspakt sei kein rechtlich bindendes Dokument.
Der CDU-Landesverband Sachsen-Anhalt hatte auf einem Parteitag am Wochenende die Bundesregierung aufgefordert, den Pakt abzulehnen. Auch der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Entwicklungshilfe, Peter Ramsauer (CSU), will den UN-Pakt »nicht mittragen«.
Der CDU-Parteitag, auf dem Spahn das Thema debattieren will, findet am 7. und 8. Dezember statt – wenige Tage vor dem geplanten Unterzeichnungsgipfel am 10. und 11. Dezember. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist ebenso wie der Koalitionspartner SPD für ein Ja.
»Es gab in der Fraktion eine breite Mehrheit, dass wir uns von Populisten nicht ins Boxhorn jagen lassen«.