Klammheimliches Bedauern
Als Helmut Kohl nach 16 Jahren abgewählt wurde, herrschte fröhliche Aufbruchstimmung auf der Linken. Nun, da Angela Merkel nach 13 Jahren Kanzlerschaft ihren Rückzug einläutet, ist mindestens klammheimliches Bedauern unter Linken zu spüren. Selbst oppositionelle Pflichtübungen wie die, gleich noch ihren sofortigen Rücktritt anzumahnen, klingen irgendwie hohl. Und das liegt nicht nur daran, dass man beim Blick in die Umfragen keine Lust auf Neuwahlen bekommen muss.
Woran noch? Die CDU-Vorsitzende war nie eine linksökologische Reformrakete. Im Gegenteil. War sie sympathisch, war es ihr Stil? Vielleicht. Der Frau wurden allerlei Wortschöpfungen gewidmet: asymmetrische Mobilisierung, postheroischer Regierungsstil. Gemeint war: Die tut nur so, klaut anderen die Themen, sie taktiert bis zur Ermüdung des Publikums, bleibt vage bis zur Unkenntlichkeit, tastet sich durch die Welt statt festen Schrittes ein erkennbares Programm zu verfolgen. Ein progressives schon gar nicht.
Warum dann aber dieser linke Merkel-Kater? Merkel funktionierte wie eine Projektionsfläche, in der die Schwäche des progressiven Lagers erträglicher erscheinen konnte. Zunehmend galt das seit 2015. Während sie vorne stand, rückte hinter ihr der Chor aus CSU-Kraftmeiern, AfD-Nachahmern, CDU-Machtboliden immer weiter nach rechts – Merkel blieb sie selbst. Alles nur eine Frage der Ent-Täuschung? Abwarten. Man denkt ja nicht ohne Grund, es war nicht alles schlecht, wenn man weiß, dass es noch ärger werden kann.