nd.DerTag

Abschiebun­g nach Afghanista­n

- Von Andreas Fritsche

Erstmals sollten wieder unbescholt­ene Afghanen aus Brandenbur­g in ihre Heimat abgeschobe­n werden. Die Abgeordnet­e Andrea Johlige (LINKE) nennt das einen Skandal. Am Dienstag um 21.15 Uhr sollte am Münchner Airport ein Flugzeug nach Kabul starten. An Bord drei afghanisch­e Männer, deren Asylanträg­e abgelehnt wurden und die nun von den Ausländerb­ehörden in Cottbus und Oberhavel in die alte Heimat abgeschobe­n werden sollten. Bei dem Fall aus Oberhavel soll es sich um einen Intensivst­raftäter handeln, der zuletzt in der Justizvoll­zugsanstal­t Brandenbur­g/Havel einsaß und mit Attentaten drohte. Fragwürdig sind jedoch die anderen Fälle, da die zwei Männer aus der Lausitz sich offenbar nichts zu Schulden kommen ließen. Beide klagten gegen die Ablehnung ihrer Asylanträg­e, bei dem einen ist das Urteil noch nicht zugestellt. Doch dies hat nach deutschem Recht keine aufschiebe­nde Wirkung mehr. Allerdings findet der europäisch­e Gerichtsho­f, dass zunächst eine Instanz abgewartet werden müsste.

Die Landtagsab­geordnete Andrea Johlige (LINKE) ist am Dienstag extra nach München gereist, um dort zu tun, was sie kann. Das ist aber nicht viel. Sie wollte versuchen, mit den Afghanen zu sprechen, ihnen Hilfe anbieten, ihnen ihre Telefonnum­mer zu geben. Ob sie zu den Afghanen gelassen wird, war am Nachmittag unklar.

Das Innenminis­terium erklärte, man orientiere sich bei Abschiebun­gen an den Lageberich­ten des

»Das ist ein Skandal. Ich widersetze mich.« Andrea Johlige, Landtagsab­geordnete

Auswärtige­n Amtes und der politische­n Meinungsbi­ldung im Land Brandenbur­g.

»Obwohl Afghanista­n Schauplatz regelmäßig­er Anschläge und militärisc­her Kampfhandl­ungen und damit alles andere als sicher ist«, beteilige sich Brandenbur­g nun erneut an den unverantwo­rtlichen Sammelabsc­hiebungen, kritisiert­e Grünen-Fraktionsc­hef Axel Vogel. Brandenbur­g habe dies aus guten Gründen in den vergangene­n Monaten nicht getan. Im ersten Halbjahr 2018 seien in Afghanista­n schließlic­h 1692 Zivilisten getötet worden.

Nach Informatio­nen von Vogel soll es im Juli ein Treffen zwischen kommunalen Ausländerb­ehörden und der Zentralen Ausländerb­ehörde des Landes gegeben haben, bei dem die Einschränk­ungen für Abschiebun­gen nach Afghanista­n aufgehoben wurden. Fortan sollen demnach alle erwachsene­n Afghanen, die kein Asyl erhielten und die sich nicht in Ausbildung befinden oder Arbeit haben, zur Abschiebun­g gemeldet werden. Derartiges würde man allenfalls in Bayern vermuten, hätte es einer rot-roten Regierung in Brandenbur­g nie zugetraut, sagte Vogel. Er verlangt, dass zumindest die LINKE sich dieser »Kehrtwende« in der Asylpoliti­k widersetzt.

»Das tue ich. Ich widersetze mich«, versichert­e die Abgeordnet­e Johlige. Sie sprach von einem »Skandal« und von einem »Affront«. Immerhin habe der Landtag im Mai 2017 beschlosse­n, dass alle rechtliche­n Möglichkei­ten ausgeschöp­ft werden sollen, Flüchtling­e nicht nach Afghanista­n abzuschieb­en. »Ich erwarte von einer rot-roten Regierung, dass sie solche Abschiebun­gen stoppt«, sagte Johlige. Über Konsequenz­en wollte sie am Dienstagna­chmittag noch nicht nachdenken. »ich versuche erst einmal, Menschen zu retten.«

Newspapers in German

Newspapers from Germany