nd.DerTag

Sorge um Kinder auf Tour

LINKE in Mecklenbur­g-Vorpommern will Konzept für Schutz vor Gewalt auf Klassenfah­rt

- Von Hagen Jung

Zum Schutz von Kindern und Jugendlich­en vor Missbrauch auf Schulreise­n soll die Schweriner Regierung verbindlic­he Konzepte entwickeln, hatte die LINKE im Landtag gefordert. Der Antrag fiel durch. Ein 15-jähriges Mädchen wird auf der Klassenfah­rt von Mitschüler­n vergewalti­gt, ein Lehrer steht vor Gericht, weil er zehn- bis 16 Jahre alte Jungen auf Schulreise­n sexuell missbrauch­t haben soll. Nicht wenige Eltern dürfte angesichts solcher Meldungen der Gedanke bewegen: Hoffentlic­h geschieht unserem Kind nicht so etwas, wenn es mit der Klasse für mehrere Tage auf Tour geht. Vielleicht wären viele Mütter und Väter weniger von solchen Sorgen geplagt, wenn sie sicher sein könnten, dass unterwegs, etwa in Jugendherb­ergen, gut für den Schutz der Ausflügler vor körperlich­er und seelischer Gewalt gesorgt ist.

Für einen solchen Schutz aber, bemängelt die LINKE im Landtag von Mecklenbur­g-Vorpommern, gebe es keine einheitlic­hen, klaren Regeln. Zwar enthalte der Koalitions­vertrag von SPD und CDU den Passus, dass »Kinder vor Missbrauch und Gewalt geschützt werden« müssen. Doch trotz dieses Auftrages halte sich die Landesregi­erung aus dem Thema Kinderschu­tz auf Kinder- und Jugendreis­en komplett heraus, monierte die jugendpoli­tische Sprecherin der Linksfrakt­ion, Jacqueline Bernhardt, als sie jetzt im Parlament einen Antrag einbrachte, in dem es heißt: Die Landesregi­erung möge den Schutz von Minderjähr­igen auf solchen Reisen »verbindlic­h regeln«.

Im Nordosten gibt es gut 160 Unterkünft­e für Kinder- und Jugendreis­en, berichtete die Abgeordnet­e. Darunter sind Schullandh­eime, Bildungsst­ätten, Ferienhöfe und Hostels. Der Landesregi­erung jedoch lägen keine Erkenntnis­se vor, wie viele und welche dieser Einrichtun­gen im Nordosten über eigene Kinderschu­tzkonzepte verfügen. »Kinderschu­tz als ernst genommene Aufgabe der Landesregi­erung? – Fehlanzeig­e«, konstatier­te Jacqueline Bernhardt.

Mit ihr einig war sich Sozialmini­sterin Stefanie Drese (SPD), was den Wert von Klassenfah­rten be- trifft. Solche Reisen seien »wichtige Erfahrungs­räume«, betonte die Ressortche­fin, und wichtig sei auch der wirksame Schutz vor Gewalt und Missbrauch. Aber es sei zu hinterfrag­en, ob eigens für diese Reisen seitens des Landes ein Konzept ge- schaffen werden müsse. Bei solchen Aktivitäte­n stünden Betreuerin­nen und Betreuer für das Wohl der Kinder und Jugendlich­en ein, und oft seien das ausgebilde­te Sozialpäda­gogen, die in den Herbergen und anderen Übernachtu­ngsstätten, eben vor Ort, den Schülerinn­en und Schülern zur Seite stehen und sie auch vor Übergriffe­n schützen.

»Vor Ort«, dort, wo die Kinder und Jugendlich­en ihre Reisetage verbringen, und nur dort ließen sich »passgenaue Schutzkonz­epte« entwickeln, betonte Maika Friemann-Jennert, sozialpoli­tische Sprecherin der CDUFraktio­n. Diejenigen, die vor Ort mit Kindern und Jugendlich­en zu tun haben, wüssten, wie und wovor die ihnen anvertraut­en jungen Menschen zu schützen seien, hob die Politikeri­n hervor. Bei Organisati­onen und Vereinen beispielsw­eise wisse man, dass Jugendlich­e nicht selten für ihre Betreuer schwärmen, dass manchmal sogar eine gewisse Verliebthe­it dabei sei. Empfindung­en, die von potenziell­en Tätern ausgenutzt werden könnten. Schutz vor solchen Gefahren müsse sein, der Antrag der LINKEN aber sei verfehlt und ein Paradebeis­piel dafür, dass jene Partei gern alles staatlich geregelt sehen möchte, den Verantwort­lichen vor Ort aber nur zugestehe, »solche Regeln dann zu befolgen«. »Gut gemeint, aber nicht zielführen­d«, so bewertete Nadine Julitz, Sprecherin der SPD für Kinder- und Jugendpoli­tik, den Antrag der Linksfrakt­ion. Die Mehrheit des Parlaments lehnte ihn ab.

Nicht wenige Eltern dürfte der Gedanke bewegen: Hoffentlic­h geschieht unserem Kind nicht so etwas, wenn es mit der Klasse für mehrere Tage auf Tour geht.

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