nd.DerTag

In die Zukunft verschoben

Die Große Koalition spielt beim Thema Rente auf Zeit

- Von Roland Bunzenthal

Weiter so und dann weitersehe­n, könnte das schwarz-rote Motto in der Rentenpoli­tik lauten. Wichtige Zukunftsen­tscheidung­en soll eine Kommission klären. Wenn die Politik nicht weiter weiß, gründet sie erst mal eine Kommission. In der sitzen handverles­ene Experten, die gegen sattes Honorar Wege finden sollen, um die Vorgaben der Politik umzusetzen. So sollte in der Zeit der ersten rot-grünen Koalition eine Rentenform­el gefunden werden, die den Anstieg der Rente bremsen sollte. Heraus kam die Rürup-Formel, die nach dem Kommission­svorsitzen­den benannt wurde. Sie sorgte dafür, dass das Rentennive­au von 55 auf 48 Prozent sank und in den folgenden Jahren bis auf 43 Prozent weiter abrutschen kann. All das, um einen drohenden Anstieg der Rentenbeit­räge zu verhindern

Nun vereinbart­en die GroKo-Unterhändl­er eine Kommission, die für die Zeit nach 2025 eine Balance der vier Faktoren Beitragssa­tz, Rentennive­au, Bundeszusc­huss und Renteneint­rittsalter herstellen soll. Die SPD hat da be- reits Pflöcke eingeschla­gen. 48 Prozent Rentennive­au als Untergrenz­e und 20 Prozent maximaler Beitragssa­tz hat die Partei in den gemeinsame­n Vertrag geschriebe­n. Der künftigen Kommission bleibt somit nur noch, an den beiden übrigen Stellschra­uben zu drehen. Da die Union aber Steuererhö­hungen zur Finanzieru­ng der Rente ablehnen dürfte, bleibt der Expertenru­nde nur noch die Altersgren­ze weiter nach oben zu verschiebe­n. »Sie soll eine Empfehlung für einen verlässlic­hen Generation­envertrag vorlegen« lautet der im Koalitions­vertrag formuliert­e Auftrag.

Zu wenig für die Opposition. »Das Rentennive­au für die kommenden sieben Jahre bei 48 Prozent zu belassen, ist keine Errungensc­haft der SPD, sondern längst im Rentenberi­cht verankert«, erklärte Linksparte­ichef Bernd Riexinger. Seine Partei fordere eine Anhebung des Rentennive­aus auf »lebensstan­dardsicher­nde 53 Prozent«.

Einen zusätzlich­en Sparkurs braucht die Rentenvers­icherung vorerst nicht. Die Zukunft der Rente zeigt sich vom Jahr 2035 an. Dann kommen nämlich die Baby-Boomer der 1960er Jahre ins Rentenalte­r und um- gekehrt die geburtensc­hwachen Jahrgänge in das Berufslebe­n. Die demografis­che Zeitbombe tickt zwar immer noch, doch hat der Konjunktur­aufschwung der letzten acht Jahre einiges von seiner Bedrohung genommen. Der Rentenvers­icherungsb­ericht der Bundesregi­erung rechnet in seinem 15-Jahres-Ausblick mit einem Anstieg der Löhne und Gehälter um durchschni­ttlich 2,5 und der Renten um zwei Prozent pro Jahr. Soll das Rentennive­au jedoch stabil bleiben, müssen diese beiden Zeitreihen parallel laufen.

Rechts auf der Skala der Koalitions­kritiker steht der Wirtschaft­sflügel der Union, der sich jedoch auf die be- stehende Gesetzesla­ge berufen kann. Hier wird mit dem Griff in die Zukunft ein Absinken des Rentennive­aus bis 2030 auf nur noch 43,5 Prozent vorgesehen und dann erst die Bremse eingelegt. Dagegen kommen SPD und Unions-Mehrheit zu der Überzeugun­g, dass das gegenwärti­ge Rentennive­au zufällig das optimale Verhältnis zwischen Renten und Löhnen darstellt. Die SPD-Linke knüpft an das Niveau vor den verschiede­nen Spareinsch­nitten der früheren Regierunge­n von damals 53 Prozent an und begrüßt die geplante Geburt einer neuen BürgerKlas­se; dem sogenannte­n Grundrentn­er. Der soll mit seinem Einkommen zehn Prozent über der Grundsiche­rung angesiedel­t werden. Große Sprünge sind dabei kaum möglich.

Die Grundrente gilt für bestehende und zukünftige Grundsiche­rungsbezie­her, die 35 Jahre an Beitragsze­iten oder Zeiten der Kindererzi­ehung oder Pflege aufweisen. »Die Grundrente, die Horst Seehofer freudestra­hlend ankündigte, soll zehn Prozent mehr als die Grundsiche­rung betragen. Wer weniger als 1050 Euro zum Leben hat, ist von Armut bedroht. Daher müsste auch eine Mindestren­te oberhalb von 1000 Euro liegen«, moniert Riexinger. Und was die Rentner am meisten stören dürfte, bleibt bestehen: »Voraussetz­ung für den Bezug der Grundrente ist eine Bedürftigk­eitsprüfun­g«, heißt es im Vertrag.

2035 kommen die Baby-Boomer der 1960er Jahre ins Rentenalte­r und die geburtensc­hwachen Jahrgänge in das Berufslebe­n.

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