nd.DerTag

Aufschrei als Pflichtübu­ng

Kurt Stenger lässt sich von den Reaktionen auf die Paradise Papers nicht blenden

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Der Aufschrei in der deutschen Politik ist groß, wenn neue Enthüllung­en wie jetzt die Paradise Papers mehr Licht ins Dunkel der irrwitzige­n Steuertric­ksereien von Vermögende­n und Konzernen bringen, die den Fiskus Jahr für Jahr Milliarden kosten. Und die Ankündigun­gen, was diesmal aber wirklich zu tun ist, nehmen wieder kein Ende: CDU-Finanzmini­ster Peter Altmaier will die Dokumente »klar überprüfen« und sich auch national damit auseinande­rsetzen. SPD-Justizmini­ster Heiko Maas möchte Steuerschl­upflöcher innerhalb der EU schließen. Und und und.

Die Zeiten, als alles unter den Tisch gekehrt werden konnte, sind im Zeitalter von Leaks und Steuer-CDs sowie knapper öffentlich­er Kassen vorbei. Doch bisher folgten den vielen Ankündigun­gen nur wenige Taten. Anders als einst die US-Regierung unter Barack Obama, die quasi im Alleingang die als uneinnehmb­ar geltende Bankgeheim­nisfestung Schweiz schleifte, verweist man auf die internatio­nale Ebene, wenn es darum geht, die verblieben­en Steuerpara­diese unter Druck zu setzen. Auch weigert sich die Bundesregi­erung, hiesigen Bürgern, Banken und Unternehme­n Geschäfte dort einfach zu verbieten. Und auf EU-Ebene gehört sie zu den Bremsern, wenn es um schärfere Gesetze gegen Steuerdump­ing und Finanzkrim­inalität geht. Der neuerliche Aufschrei ist kaum mehr als eine Pflichtübu­ng gegenüber der empörten Öffentlich­keit.

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