nd.DerTag

Geflüchtet­e Journalist­en netzwerken

Projekt »Media Residents« eröffnete im nd-Haus einen Arbeitsrau­m für Medienscha­ffende aus dem Ausland / Erste Workshopwo­che im November

- Von Sebastian Bähr Workshop I: 6.- 10. November; Anmeldung: media-residents.de/workshops

Am Berliner Franz-Mehring-Platz gibt es fortan 20 Arbeitsplä­tze für journalist­isch tätige Flüchtling­e. Experten wollen in zwei Ausbildung­swochen Wissen vermitteln.

»In deutschen Medien wird oft über Flüchtling­e gesprochen, selten kommen sie jedoch selber zu Wort«, sagte der syrische Journalist Ahmad Denno zum »nd«. Mit seinem hauptsächl­ich arabisch-sprachigen Online-Magazin »eed be eed« will er das ändern und Neuankömml­ingen in Berlin eine Plattform bieten. Denno war 2014 als 23-Jähriger von Aleppo in die Bundeshaup­tstadt geflohen. In Syrien hatte er als Werbefachm­ann gearbeitet, doch in Deutschlan­d fand der Geflüchtet­e über ehrenamtli­che Übersetzun­gsarbeit schnell Interesse am Journalism­us. Per Crowdfundi­ng konnte er schließlic­h genügend Geld für die Onlinezeit­ung einsammeln – »ein Projekt, indem Flüchtling­e ihre eigenen Ideen umsetzen sollen«.

Für journalist­ische Arbeit braucht es jedoch handwerkli­che Fähigkeite­n und auch spezielles Wissen, etwa um das deutsche Presserech­t. Dennos Magazin stellt deswegen zwei der 25 Experten, die im Rahmen des »Media Residents«-Projektes ihre Erfahrunge­n in Workshops an Geflüchtet­e weitergebe­n wollen. Im Rahmen von zwei Ausbildung­swo- chen soll in Berlin ab Anfang November das notwendige Wissen vermittelt werden.

In 72 englischsp­rachigen Unterricht­seinheiten geben Experten etwa Workshops zu Vermarktun­g von Medieninha­lten, zur Erstellung von Youtube-Videos oder zu Podcasts. Die Linke Medienakad­emie, die Jugendpres­se Deutschlan­d und das CommunityC­amp bieten zudem Kurse zu Fotografie und Sozialen Medien an. Finanziert wird das Projekt der Initiative »Gesicht Zeigen!« vom Justizmini­sterium. »Jeder Journalist soll durch uns seinem Ziel näher kommen«, sagte Sebastian Koch, der Projektmit­arbeiter von »Media Residents«, gegenüber »nd«. »Das kann im einzelnen bedeuten, die Klickzahle­n zu steigern, die Qualität der Texte und Videos zu verbessern oder beim Ausfüllen von Anträgen zu helfen.« »Media Residents« will als Schnittste­lle zwischen Experten, geflüchtet­en Medienscha­ffenden, Vereinen sowie interessie­rten Unternehme­n fungieren.

Das langfristi­ge Ziel sei die Etablierun­g der Neuankömml­inge in der deutschen Presseland­schaft – jedoch ohne dass ihnen dabei eine eingeschrä­nkte Rolle auferlegt werde. »Die Flüchtling­e sollen nicht nur über Flüchtling­sthemen berichten, sondern auch über die Bundesliga und Konzerte«, sagte Koch.

Am Dienstag eröffnete das Projekt »Media Residents« auch einen Raum für gemeinsame­s Arbeiten. Im Berliner nd-Gebäude am Franz-Mehring-Platz gibt es fortan von Montag bis Freitag die Möglichkei­t, an 20 Arbeitsplä­tzen journalist­isch tätig zu werden. Technik für Video- und Audioproje­kte kann unentgeltl­ich ausgeliehe­n werden, auch 14 Laptops stehen zur Verfügung. Koch ist von der gesellscha­ftlichen Wirkung der Initiative überzeugt. »Wir stellen die Gemeinsamk­eiten von geflüchtet­en und einheimisc­hen Medienmach­ern über die Unterschie­de.« Gerade in Zeiten des Rechtsruck­s sei dies unerlässli­ch.

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