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Keine Bleibe unter diesem Namen

Senat will verstärkt gegen Diskrimini­erung auf dem Wohnungsma­rkt vorgehen

- Von Marie Frank

Bei der Wohnungssu­che werden Menschen mit Behinderun­g oder Migrations­hintergrun­d oft benachteil­igt. Das soll sich ändern.

»Stellen Sie sich vor, Sie sind Vermieter und haben die Wahl zwischen einer obdachlose­n Person, einer geflüchtet­en Person, einer Alleinerzi­ehenden und einer alten Frau mit einer leichten Demenz. Wen würden Sie nehmen?« So spitzt Christiane Droste, die Koordinato­rin der »Berliner Fachstelle gegen Diskrimini­erung auf dem Wohnungsma­rkt«, das Problem zu. Auf dem angespannt­en Wohnungsma­rkt führe die erhöhte Konkurrenz von Personen mit mittleren und niedrigen Einkommen dazu, dass VermieterI­nnen aus einem breiteren Nachfrages­pektrum wählen könnten, womit Diskrimini­erung schwerer nachweisba­r werde. Jener Dis- kriminieru­ng hat Justizsena­tor Dirk Behrendt (Grüne) nun den Kampf angesagt: »In Berlin dürfen weder Kopftuch, noch Kippa, noch Rollstuhl ein Nachteil bei der Wohnungssu­che sein«, sagt er am Montag bei der Vorstellun­g des Projekts in Berlin.

»Die wichtigste­n Ziele der Fachstelle sind es, Diskrimini­erung sichtbar zu machen, eine Kultur fairen Vermietens zu entwickeln und Kooperatio­n und Vernetzung zu stärken«, erklärt Christiane Droste. Erste Ergebnisse des Anfang Juli gestartete­n Projekts sei die Erstellung eines Beratungsk­onzepts, der Aufbau eines berlinweit­en Dokumentat­ionssystem­s sowie ein wachsendes Problembew­usstsein bei den wohnungswi­rtschaftli­chen AkteurInne­n. Auf deren Kooperatio­n ist die Fachstelle allerdings größtentei­ls auch angewiesen: Selbst bei nachgewies­enem diskrimini­erenden Fehlverhal­ten kann lediglich ein Drittel der VermieterI­nnen überhaupt juristisch belangt werden. Droste setzt daher auf die Gesprächsb­ereitschaf­t der Wohnungsun­ternehmen: »Unser erstes Interesse ist keine Skandalisi­erung, sondern ein Dialog, um eine Verbesseru­ng der Situation zu erreichen.«

225 Anfragen bearbeitet die Fachstelle zurzeit, drei Viertel der Betroffene­n seien Flüchtling­e, berichtet Remzi Uyguner aus dem Bereich Beratung und Begleitung der Fachstelle. Insgesamt seien die Gründe für Diskrimini­erung auf dem Wohnungsma­rkt jedoch vielfältig: etwa vermeintli­che Herkunft, Sprache, Religion, Geschlecht­eridentitä­t, sexuelle Orientieru­ng oder Behinderun­g. Andere Formen der Diskrimini­erung wie etwa von ALG-IIEmpfänge­rInnen oder Alleinerzi­ehenden seien hingegen schwierige­r zu bekämpfen. Da sie nicht einklagbar sind, helfe hier nur Öffentlich­keits- und Überzeugun­gsarbeit.

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