»Alternativer«
Für »alternative Fakten« war er ohnehin schon bekannt, nun kommt »alternative Geschichtsschreibung« hinzu: Sean Spicer, Sprecher der Trump-Regierung. Alternative Fakten wie der, dass sich beim Amtsantritt von Trump mehr Zuschauer denn je vor dem Kapitol versammelt hätten, machten ihn von Anfang an zur beliebten Witzfigur in den sozialen Medien. Nun verursachte er mit einer merkwürdigen Geschichtsauffassung Schlagzeilen: Frei nach dem Motto »Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich« reihte er fragwürdige Aussagen aneinander: »Selbst eine so verabscheuungswürdige Person wie Hitler sank nicht so tief, dass er chemische Waffen einsetzte.« Der Vergleich bezog sich auf Syriens Diktator Baschar al-Assad und unterschlug, dass Zyklon B – verwendet in den KZ-Gaskammern – durchaus als chemische Waffe einzuordnen ist. Den diesbezüglichen Hinweis einer Reporterin konterte Spicer mit dem nächsten Fauxpas: »Hitler hat das Giftgas nicht gegen seine eigenen Leute auf die gleiche Weise eingesetzt wie Assad.« Ob ihm die deutschen Opfer Hitlers von Juden über Sinti und Roma bis hin zu politischen Gegnern und Homosexuellen nicht geläufig waren oder er sie schlicht als fremd und somit nicht als eigene Leute einordnet – das weiß wohl nur Spicer selbst.
Normalerweise vertritt der Marinereservist die Position »Angriff ist die beste Verteidigung«. Nach geharnischter Kritik aus Politik und Medien Kreisen ruderte er dieses Mal zurück: »Einen Vergleich mit dem Holocaust zu ziehen, war unangemessen und instinktlos. Vor allem in einer Woche wie dieser. Das bedauere ich.« Diese Woche begehen weltweit und damit auch in den USA jüdische Familien das Passah-Fest, worauf Spicer nach seinen Aussagen hingewiesen wurde.
Spicer, der seinen Master am Naval War College in Rhode Island gemacht hat, war vor seinem Antritt im Weißen Haus Kommunikationsdirektor und oberster Stratege der Parteiführung der Republikanischen Partei. Derzeit wird in Washington spekuliert, wie lange Trump seinen Bruder im Geiste noch gewähren lässt.