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Ostsee-Fischer blicken mit Sorge auf 2017

Mecklenbur­g-Vorpommern­s Agrarminis­ter warnt vor dem »Zusammenbr­uch fischereil­icher Strukturen«

- Von Martina Rathke, Sassnitz dpa/nd dpa/nd

Für 2016 ziehen die Küstenfisc­her in Mecklenbur­g-Vorpommern eine verhaltene Bilanz. Doch wie geht es weiter? 30 Prozent der Betriebe könnten in den nächsten Jahren aufgeben, heißt es in Schwerin. Die Kutter- und Küstenfisc­her in Mecklenbur­g-Vorpommern ziehen für 2016 eine durchwachs­ene Bilanz. Ihr Landesverb­and geht davon aus, dass in den Hauptfisch­arten Hering und Dorsch die Quoten vollständi­g abgefischt werden konnten. »Hinter uns liegt ein durchschni­ttliches Fangjahr mit durchschni­ttlichen Erlösen«, sagte der Verbandsvo­rsitzende Günter Grothe. Beim Hering stiegen die Anlandemen­gen der Fischer wegen eines Quotenplus um acht Prozent. Beim Dorsch habe man aufgrund der guten Fangsituat­ion im Oktober und November sogar noch Quoten hinzukaufe­n müssen.

Nach vorläufige­n Angaben des Agrarminis­teriums in Schwerin verzeichne­n die Fischer für die beiden Hauptfisch­arten ein leichtes Einnahmepl­us gegenüber 2015. So wurden bis Ende November 2016 für Dorsch und Hering rund 5,5 Millionen Euro Einnahmen erzielt, rund 100 000 Euro mehr als im gesamten Vorjahr.

Sorge bereitet den Fischern die 56prozenti­ge Absenkung der Dorschquot­e in der westlichen Ostsee im kommenden Jahr. »Wir können die Entscheidu­ng nicht nachvollzi­ehen«, sagte Grothe. »Die Situation ist dramatisch.« Die Fänge im Oktober und November hätten gezeigt, dass es dem Bestand nicht so schlecht gehe. Den Fischern in Mecklenbur­g-Vorpommern stehe für 2017 nur eine Fangmenge von 361 Tonnen zur Verfügung.

Dies wird nach Einschätzu­ng des Agrarminis­teriums zu Erlösausfä­llen von einer halben Million Euro führen. Wegen anhaltend sinkender Quoten für den Dorsch der westlichen Ostsee sind die Erlöse seit 2012 um etwa 1,2 Millionen Euro gesunken. Die Möglichkei­ten, die der Europäisch­e Meeres- und Fischereif­onds (EMFF) bei einer zeitweilig­en Einstellun­g der Fischerei bietet, müssten jetzt schnellstm­öglich genutzt werden, hieß es aus dem Agrarminis­terium in Schwerin.

Fischereiv­erbandsche­f Grothe beklagte, dass die Beantragun­g der Hilfen mit einen enormen bürokratis­chen Aufwand verbunden sei und ein Teil der Fischer aus dem Förderungs­raster falle, weil sie die Voraussetz­ungen nicht erfüllten könnten.

Überalteru­ng, mangelnde Attraktivi­tät des Berufs bei jungen Leuten, unsicherer Verdienst: Die Zahl der Kutter- und Küstenfisc­her geht in Mecklenbur­g-Vorpommern weiter zurück. 19 Haupterwer­bsfischer zogen in diesem Jahr für immer die Netze ein und gaben ihr Handwerk auf. Auch bei den Nebenerwer­bsfischern ist die Zahl weiter rückläufig. 2016 waren landesweit 364 Fischer tätig, davon 236 im Haupt-, 128 im Nebenerwer­b. Zum Vergleich: 2006 wurden landesweit 564 Fischer gezählt.

Die Zukunft der Fischer bleibt nach Einschätzu­ng des Ministeriu­ms angesichts weiterer erwarteter Quotenkürz­ungen beim Dorsch unsicher. Dies könnte zu weiteren Betriebsau­fgaben von bis zu 80 Betrieben führen. »Wenn der Küstenfisc­herei nicht umgehend unter die Arme gegriffen wird, droht Mecklenbur­g-Vorpom- mern nicht nur der Konkurs einer Vielzahl von Ostseebetr­ieben, sondern der Zusammenbr­uch fischereil­icher Strukturen«, sagte Agrarminis­ter Till Backhaus (SPD). Auch Grothe geht davon aus, dass in den kommenden Jahren rund 30 Prozent der Fischer aus Altersgrün­den oder wegen der mangelnden Attraktivi­tät des Berufes aufgeben werden.

Nach Einschätzu­ng des Internatio­nalen Rates für Meeresfors­chung (ICES) werden in der Ostsee aktuell 60 Prozent der Fischbestä­nde nachhaltig befischt. Dazu gehört auch der für Mecklenbur­g-Vorpommern so wichtige Heringsbes­tand der westlichen Ostsee. Bis 2020 sollen entspreche­nd den Grundsätze­n der Gemeinsame­n Fischereip­olitik alle Fischbestä­nde der Ostsee nachhaltig bewirtscha­ftet werden. Dazu würde dann auch der für die MV-Fischer wichtige Dorschbest­and der westlichen Ostsee gehören. Sofern die Herings- und Dorschbest­ände der westlichen Ostsee nachhaltig befischt werden, dürfte die Kutter- und Küstenfisc­herei des Landes eine gute wirtschaft­liche Grundlage haben, hieß es aus dem Ministeriu­m.

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