Präsidialbaustelle Türkei
Roland Etzel zum Ziel der Erdoganschen Verfassungsreform
Der türkische Präsident Erdogan verliert keine Zeit. Der Umbau des Staates von einer parlamentarischen Demokratie mit einem besonderen Status der Generalität als historischem Erbe des Kemalismus hin zu einer Art Präsidialdiktatur mit monarchistischen Zügen nimmt seinen Lauf. Beständig und unerbittlich.
Erdogan fährt seine Geschütze gegen die laizistische Republik Atatürkscher Prägung dabei von mehreren Seiten auf, die nur scheinbar wenig miteinander zu tun haben. Was wie ein wütender Rundumschlag gegen alles Oppositionelle aussieht, nimmt die Gestalt wohlüberlegter Schritte an, sofern man sie von ihrem vermuteten Ende her beurteilt.
Da ist zum einen das – wie in den 80er und 90er Jahren – erbarmungslose Vorgehen gegen das kurdische Streben nach Autonomie, womit gleichzeitig die einzig nennenswerte linke Oppositionspartei zur Strecke gebracht werden soll. Zum zweiten wird ein dilettantischer Putschversuch instrumentalisiert, um die Armee als politisches Korrektiv und Gralshüterin der Atatürkschen Gründungs-Idee der Trennung von Islam und Staat auszuschalten. Beides ist bereits zu großen Teilen vollzogen, so dass Erdogan jetzt kaum noch Widerstand sieht, um nunmehr die formale Zertrümmerung der Türkischen Republik auf »rechtsstaatlichem« Wege über ein Referendum einzuleiten.