Und was sagt eigentlich der »Föhrrer« dazu?
Gerade angesichts eines europäischen Rechtsrucks müssen wir über Rechtsradikale lachen.
Oliver Kalkofe? Den Namen des Satirikers verbindet man mit Parodien auf Kosten von Personen, deren unerschöpflicher Geltungsdrang sie ins Fernsehen trieb: egal ob für fünf Minuten Ruhm im Rampenlicht, Krakeelen am Ballermann, Insekten verspeisend im Dschungelcamp oder in der Parallelwelt des Schlager- und Volksmusikuniversums, wo das Kleinbürgertum noch immer dem Mief der verklärten Vergangenheit hinterhertrauert.
Doch Kalkofe, er war und ist im Laufe seiner Karriere immer auch politischer Kommentator gewesen. In seiner TV-Satiresendung »Mattscheibe« haben Parodien über stramme Neonazis genauso einen festen Platz wie zu Vertretern der »Neuen Rechten«. Pegida unter dem Deckmantel des »besorgten Bürgers« traf es genauso wie den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke, dessen mediale Strategie Kalkofe im Zusammenhang mit dem Auftritt des Deutschlandfähnchen schwingenden völkischen Nationalisten im ARD-Talk von Günther Jauch als »rudelorientierte Retrorhetorik für stumpfhirnige Parolengröler« bezeichnete.
Der Satiriker steht mit solchen Inszenierungen in der Tradition, auch und gerade über das Böse Witze zu machen. Bertolt Brecht merkte dazu 1941 in seinem Theaterstück »Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui« an: »Die großen politischen Verbrecher müssen durchaus preisgegeben werden, und vorzüglich der Lächerlichkeit. Denn sie sind vor allem keine großen politischen Verbrecher, sondern die Verüber großer politischer Verbrechen, was etwas ganz anderes ist. Keine Angst vor der platten Wahrheit, wenn sie nur wahr ist!«
Bereits ein Jahr zuvor hatte Charlie Chaplin mit seiner Hitler-Parodie »Der große Diktator« eine eindeutige Antwort auf die Frage abgeliefert, ob Witze über Nazis angesichts der verübten Verbrechen angebracht sind. Ja, sie sind es nicht nur, sie sollten so- gar als fester Bestandteil der Auseinandersetzung mit der Geschichte verstanden werden.
Für einige Jahrzehnte wagten sich deutsche Künstler nicht auf dieses Terrain, genauso wie es tabu war, Fragen zur Vergangenheit der eigenen Eltern oder Großeltern zu stellen. Dies änderte sich erst Ende der 90er, nachdem die neuen Nazis Asylunterkünfte, darunter in Rostock und Hoyerswerda, angezündet hatten. Die Gefahr eines Rechtsrucks war im Alltag wieder präsent, Wahlerfolge der NPD im folgenden Jahrzehnt brachten einen regelrechten Satireboom hervor, in dessen Folge Projekte wie die »Front Deutscher Äpfel« (2004) oder »Storch Heinar« (2008) entstanden. Eines der beliebtesten TV-Satireformate sind bis heute die »Neusten Nationalen Nachrichten« der NDR-Sendung »extra3«. Darin kommentiert der »Föhrrer«, dass die neuen Rechten oft nicht einmal als Karikatur des Originals etwas taugen.
Eine Gefahr besteht nur darin, sich auf dem dabei oft genutzten Motiv des Springerstiefel tragenden Dummkopfes auszuruhen, was dem Problem des Rechtsrucks nicht gerecht würde. Kalkofe griff dies 2015 in einer Parodie auf ein Video der NPD Trier auf. Allerdings: Das gezeigte Quartett war auch im Original ein Witz seiner selbst.