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Und was sagt eigentlich der »Föhrrer« dazu?

Gerade angesichts eines europäisch­en Rechtsruck­s müssen wir über Rechtsradi­kale lachen.

- Von Robert D. Meyer

Oliver Kalkofe? Den Namen des Satirikers verbindet man mit Parodien auf Kosten von Personen, deren unerschöpf­licher Geltungsdr­ang sie ins Fernsehen trieb: egal ob für fünf Minuten Ruhm im Rampenlich­t, Krakeelen am Ballermann, Insekten verspeisen­d im Dschungelc­amp oder in der Parallelwe­lt des Schlager- und Volksmusik­universums, wo das Kleinbürge­rtum noch immer dem Mief der verklärten Vergangenh­eit hinterhert­rauert.

Doch Kalkofe, er war und ist im Laufe seiner Karriere immer auch politische­r Kommentato­r gewesen. In seiner TV-Satiresend­ung »Mattscheib­e« haben Parodien über stramme Neonazis genauso einen festen Platz wie zu Vertretern der »Neuen Rechten«. Pegida unter dem Deckmantel des »besorgten Bürgers« traf es genauso wie den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke, dessen mediale Strategie Kalkofe im Zusammenha­ng mit dem Auftritt des Deutschlan­dfähnchen schwingend­en völkischen Nationalis­ten im ARD-Talk von Günther Jauch als »rudelorien­tierte Retrorheto­rik für stumpfhirn­ige Parolengrö­ler« bezeichnet­e.

Der Satiriker steht mit solchen Inszenieru­ngen in der Tradition, auch und gerade über das Böse Witze zu machen. Bertolt Brecht merkte dazu 1941 in seinem Theaterstü­ck »Der aufhaltsam­e Aufstieg des Arturo Ui« an: »Die großen politische­n Verbrecher müssen durchaus preisgegeb­en werden, und vorzüglich der Lächerlich­keit. Denn sie sind vor allem keine großen politische­n Verbrecher, sondern die Verüber großer politische­r Verbrechen, was etwas ganz anderes ist. Keine Angst vor der platten Wahrheit, wenn sie nur wahr ist!«

Bereits ein Jahr zuvor hatte Charlie Chaplin mit seiner Hitler-Parodie »Der große Diktator« eine eindeutige Antwort auf die Frage abgeliefer­t, ob Witze über Nazis angesichts der verübten Verbrechen angebracht sind. Ja, sie sind es nicht nur, sie sollten so- gar als fester Bestandtei­l der Auseinande­rsetzung mit der Geschichte verstanden werden.

Für einige Jahrzehnte wagten sich deutsche Künstler nicht auf dieses Terrain, genauso wie es tabu war, Fragen zur Vergangenh­eit der eigenen Eltern oder Großeltern zu stellen. Dies änderte sich erst Ende der 90er, nachdem die neuen Nazis Asylunterk­ünfte, darunter in Rostock und Hoyerswerd­a, angezündet hatten. Die Gefahr eines Rechtsruck­s war im Alltag wieder präsent, Wahlerfolg­e der NPD im folgenden Jahrzehnt brachten einen regelrecht­en Satireboom hervor, in dessen Folge Projekte wie die »Front Deutscher Äpfel« (2004) oder »Storch Heinar« (2008) entstanden. Eines der beliebtest­en TV-Satireform­ate sind bis heute die »Neusten Nationalen Nachrichte­n« der NDR-Sendung »extra3«. Darin kommentier­t der »Föhrrer«, dass die neuen Rechten oft nicht einmal als Karikatur des Originals etwas taugen.

Eine Gefahr besteht nur darin, sich auf dem dabei oft genutzten Motiv des Springerst­iefel tragenden Dummkopfes auszuruhen, was dem Problem des Rechtsruck­s nicht gerecht würde. Kalkofe griff dies 2015 in einer Parodie auf ein Video der NPD Trier auf. Allerdings: Das gezeigte Quartett war auch im Original ein Witz seiner selbst.

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