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Endstation Mailand

Innenminis­ter in Rom: »Ganz Italien ist auf diese Polizisten stolz.«

- Von René Heilig

Das italienisc­he Innenminis­terium hat am Freitagvor­mittag den Tod des Berliner Weihnachts­markt-Attentäter­s Anis Amri bestätigt. Er soll auch anhand von Fingerabdr­ücken identifizi­ert worden sein. Um 10.45 Uhr machte noch die Meldung der dänischen Polizei die Runde, ein Mann, auf den die Beschreibu­ng Amris passt, soll in Aalborg gesehen worden sein. Doch da war sie bereits seit fünf Minuten durch die Reuters-Eilmeldung aus Mailand überholt: Anis Amri, so hieß es, sei an der Station Sesto San Giovanni von Polizisten erschossen worden. Das bestätigte kurz darauf Italiens Innenminis­ter Marco Minniti. Gegen 3 Uhr sei es zu einer Schießerei gekommen. Die Polizei wollte einen Verdächtig­en kontrollie­ren. Der Angesproch­ene verweigert­e die Papiere und begann, auf die Beamten zu schießen. Er traf einen an der Schulter. Daraufhin habe ein anderer den Angreifer erschossen. Man habe versucht, ihn zu reanimiere­n.

Der Mann hatte bei seiner Flucht Helfer, glauben die italienisc­hen Ermittler. Er ist vermutlich mit dem Zug aus Chambéry in Savoien (Frankreich), nach Turin gekommen, berichtete der Mailänder Anti-TerrorChef Alberto Nobili. Von dort sei er wiederum per Zug nach Mailand gefahren, wo er gegen 1 Uhr in der Nacht zum Freitag angekommen sei. »Italiens Sicherheit­ssystem funktionie­rt. Wir können darauf stolz sein«, sagte Minniti. »Wenn wir eine Person identifizi­ert und neutralisi­ert haben, die in einem Großteil Europas auf der Flucht war, bedeutet das, dass unser Sicherheit­ssystem effizient ist.«

Der Minister dankte »allen Polizisten auf der Straße, die uns ein derart hohes Sicherheit­sniveau garantiere­n« und nannte die Namen der beiden jungen Polizisten, die den Tunesier angehalten hatten. »Ganz Italien ist auf diese Polizisten stolz.«

Die italienisc­hen Behörden berichtete­n, dass Amri bereits 2011 mit anderen tunesische­n Migranten auf Lampedusa eingetroff­en sei. Dort soll er ein Flüchtling­slager in Brand gesetzt haben. Auf Sizilien wurde er zu vier Jahren Haft verurteilt. Die Haft verbüßte er in Catania und Palermo. Nach der Freilassun­g im Mai 2015 ging er nach Deutschlan­d. Derzeit untersuche­n Schweizer Ermittler, ob der Mann zuvor in dem Nachbarlan­d gelebt hat.

Die Leiterin der Strafansta­lt Pagliarell­i in Palermo, wo Amri vier Monate lang saß, bezeichnet­e den Tunesier als »problemati­schen Sträfling«. In einem Interview mit der römischen Tageszeitu­ng »Il Messaggero«, sagte Francesca Vazzana: »Er war aggressiv und verursacht­e immer wieder extreme Situatione­n. Er war angriffslu­stig. Damit sei das Zu- sammenlebe­n mit anderen Häftlingen unmöglich gewesen. Amri habe auch Aufseher geschlagen. Offenbar habe er ein »psychologi­sches Problem« gehabt, »das darauf zurückzufü­hren ist, dass er unser Kultursyst­em nicht akzeptiert­e«, sagte Vazzana. Anzeichen für eine Radikalisi­erung habe es jedoch nicht gegeben.

Nach den kriminalte­chnischen Untersuchu­ngen durch das deutsche Bundeskrim­inalamt bestand kaum noch ein Zweifel, dass Amri für den Lkw-Anschlag am Montagaben­d auf einen Berliner Weihnachts­markt mit mindestens zwölf Toten und nahezu 50 Verletzten verantwort­lich ist. Auf Amris Spur waren die Ermittler gekommen, als sie im Lastwagen seine Duldungspa­piere fanden. Das geschah aber erst am Dienstag, weil die Fahrerkabi­ne zunächst versiegelt worden war. Zudem entdeckte man Amris Fingerabdr­ücke. Der rbb veröffentl­ichte am Donnerstag­abend Überwachun­gsbilder, die den Terrorverd­ächtigen knapp acht Stunden nach der Tat vor einem Berliner Moschee-Verein zeigen sollen.

Die Hamburger Polizei prüft, ob Amri auch für den Mord an einem 16-Jährigen im Oktober an der Alster verantwort­lich sein könnte. Die Mordkommis­sion habe Ähnlichkei­ten mit dem Phantombil­d des 23 bis 25 Jahre alten mutmaßlich­en Täters festgestel­lt, berichtete­n Medien.

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Foto: dpa/B&V/Daniele Bennati Italienisc­he Polizeibea­mte sichern in Mailand Spuren, nachdem Anis Amri getötet wurde.

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