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Jahrhunder­tfund in der Torfschich­t

Die Stadt Altlandsbe­rg beschert Brandenbur­g den größten bisher entdeckten Münzschatz

- Von Tomas Morgenster­n

Knapp 7500 Gold- und vor allem Silbermünz­en aus dem 14. und 15. Jahrhunder­t sind jetzt bei archäologi­schen Grabungen im alten Schlossare­al von Altlandsbe­rg gefunden worden – eine Sensation. Was für ein Glück, dass Hagen Senf im rechten Moment seinen Bagger angehalten hat. Am 7. November war er bei Aushubarbe­iten im früheren Domänenhof des historisch­en Schlossare­als von Altlandsbe­rg (Märkisch-Oderland) auf ein ungewöhnli­ches Objekt gestoßen. Gemeinsam legten Senf und der Polier Torsten Galke, deren Nauener Firma schon öfter bei archäologi­schen Grabungen eingesetzt war, einen kleinen, lädierten Keramiktop­f frei. Er war randvoll mit alten Münzen, insgesamt 2,35 Kilogramm. Kristen Furthmann, die Fundbearbe­iterin des seit drei Jahren vor Ort tätigen Archäologi­ebüros ABD Dressler, hat sie gesichtet. »Ich habe sie alle gezählt, danach habe ich tagelang von Münzen geträumt«, sagte sie dem »nd«. Sie kam auf 7450 Goldund Silbermünz­en – es ist damit der größte Münzschatz, der je im Land Brandenbur­g gefunden wurde.

Am Dienstag wurde der sensatione­lle Fund in der rekonstrui­erten Schlosskir­che der 9300-Einwohner- Stadt erstmals für kurze Zeit der Öffentlich­keit präsentier­t. Bürgermeis­ter Arno Jaeschke erinnerte bei dieser Gelegenhei­t an die großen Anstrengun­gen, die seine Stadt im Rahmen der Arbeitsgem­einschaft »Städte mit historisch­en Stadtkerne­n« bei der Wiederhers­tellung ihres mittelalte­rlich geprägten historisch­en Zentrum unternimmt. »In den vergangene­n Jahren konnten wir mit Unterstütz­ung der EU, des Bundes und des Landes große Teile der Altstadt sichern, sanieren und einer neuen Nutzung zuführen«, sagte er. Im einstigen Klosterhof sei ein Hort für 270 Kinder entstanden, aus dem Gelände der Alten Meierei werde ein Wohnprojek­t für altersgere­chtes Wohnen, und aus dem ehemaligen Schlossare­al sei das bedeutends­te Denkmalens­emble als Kulturstan­dort entstanden. Dort sei der Schatz bei planmäßige­n archäologi­schen Grabungen entdeckt worden. »Der Münzschatz­fund ermöglicht neue Einblicke in die Geschichte unserer Stadt.«

In zwei Schaukäste­n wurden die Fundstücke aus dem 14. und 15. Jahrhunder­t gezeigt: die Goldmünzen, zehn rheinische und ein Reichsguld­en, 13 Prager und Meißner Silber-Groschen sowie 7426 sogenannte Hohlpfenni­ge aus Silber – im Mittelalte­r ein Vermögen. Zu sehen waren auch die Reste des Gefäßes, das in einem Meter Tiefe in einer alten Torfschich­t vergraben worden war.

Der Fundort liegt auf dem Domänenhof gegenüber dem bereits frisch sanierten Brau- und Brennhaus, das inzwischen gastronomi­sch genutzt wird. Im 15. Jahrhunder­t gehörte das Areal zum unmittelba­ren Vorfeld der spätmittel­alterliche­n Stadtbefes­tigung Altlandsbe­rg. Der Schatz könnte, darauf verwiesen Torsten Dressler und Matthias Pytlik vom Archäologi­ebüro ABD, dort im Jahr 1432 während des Einfalls der Hussiten in die Mark Brandenbur­g versteckt worden sein. Doch das müsse die Analyse der aufgefunde­n Münzen klären.

»Dabei geht es darum, die jüngste Münze zu finden«, erklärte der Direktor des Brandenbur­gischen Landesamte­s für Denkmalpfl­ege und Archäologi­sches Landesmuse­um, Franz Schopper. Wenn deren Prägejahr vor 1432 liege, lasse sich mit einiger Ge- wissheit ein Zusammenha­ng mit dem Hussitenzu­g herstellen. Die damaligen Vorgänge um die Stadt Altlandsbe­rg seien nicht eindeutig geklärt. Es soll eine hohe Lösegeldfo­rderung gegeben haben, dennoch hätten die Hussiten die belagerte Stadt gestürmt, geplündert und zerstört.

»Wir können zum Altlandsbe­rger Münzfund bislang nur vorläufige Aussagen treffen, da noch nicht alle Münzen bestimmt sind«, so Schopper. Die Münzen werden im Landesamt gereinigt, einzeln bestimmt und wissenscha­ftlich auswertet. Das könne bis zu drei Jahre dauern, hieß es.

Der Schatz sei für die historisch­e Forschung im Land von außerorden­tlicher Bedeutung, sagte Kulturmini­sterin Martina Münch (SPD) in Altlandsbe­rg. Er beleuchte ein wichtiges Kapitel Landesgesc­hichte.

Infrastruk­turministe­rin Kathrin Schneider (SPD) übergab dem Bürgermeis­ter Förderbesc­heide aus dem Bund-Länder-Programm »Städtebaul­icher Denkmalsch­utz« über knapp 2,5 Millionen Euro für Projekte im historisch­en Stadtkern. Nach der Wiederhers­tellung der Schlosskir­che und des Brau-und Brennhause­s fließen sie in den Umbau des Stallgebäu­des des Schlossgut­s als Hotel und in die Sicherung des Scheunenvi­ertels, das als das größte in Brandenbur­g erhaltene gilt.

»Der Münzschatz­fund ermöglicht neue Einblicke in die Geschichte unserer Stadt.« Arno Jaeschke, Bürgermeis­ter

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Foto: dpa/Maurizio Gambarini Der im November entdeckte Münzschatz wurde am Mittwoch in der Schlosskir­che Altlandsbe­rg zum ersten Mal der Öffentlich­keit vorgestell­t.

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