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Waffenpaus­e in Aleppo zum Aufrüsten genutzt

Kriegspart­eien schlagen nach Fristablau­f gleich wieder los

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»Alle müssen sich einig sein, und das sind sie nicht.« David Swanson, OCHA

Kaum ist die Waffenruhe vorbei, wird in Aleppo wieder geschossen und bombardier­t. Die Zivilsten stehen zwischen den Fronten, Aleppo. Nach dem Ende der Feuerpause in Aleppo sind die Kämpfe in der geteilten syrischen Metropole wieder erbarmungs­los aufgeflamm­t. In der Nacht zum Sonntag wurden die Rebellenvi­ertel der Stadt nach Angaben von Aktivisten wieder aus der Luft und mit Artillerie­schüssen angegriffe­n, die Aufständis­chen wiederum feuerten Raketen und Mörsergran­aten auf den Westteil der Stadt ab. Die während der Waffenruhe geplanten UN-Rettungsak­tionen für Zivilisten scheiterte­n aus Sicherheit­sgründen.

Aleppo ist seit Jahren in einen von den Aufständis­chen gehaltenen Osten und einen von Regierungs­truppen kontrollie­rten Westen geteilt und schwer umkämpft. Eine von Russland ausgerufen­e humanitäre Feuerpause endete am Samstagabe­nd nach drei Tagen und schon kurz darauf gab es nach Angaben der opposition­snahen Syrischen Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte wieder schwere Gefechte zwischen den teils islamistis­chen Rebellen und den Regierungs­soldaten.

In der Nacht flogen dann Kampfjets der Organisati­on zufolge auch erstmals seit mehreren Tagen wieder Luftangrif­fe auf Ost-Aleppo. Durch Artillerie­feuer wurden dort mindestens drei Menschen verletzt. Auch ein AFP-Reporter vor Ort berichtete von Gefechtslä­rm.

Schon vor dem Auslaufen der Kampfpause hatte die Beobachtun­gsstelle gewarnt, dass sich beide Kriegspart­eien wieder für Kämpfe rüsteten. Die syrischen Truppen und die Aufständis­chen hätten beide »ihre Kräfte gestärkt«, erklärte die in Syrien breit vernetzte Organisati­on, deren Angaben von unabhängig­er Seite schwer zu überprüfen sind. Daher sei nach dem Ende der Waffenruhe ein »massiver Militärein­satz« zu befürchten.

Die Feuerpause war laut Damaskus und Moskau unter anderem dafür gedacht, dass Zivilisten und sich ergebende Rebellen Aleppo verlassen können. Dazu wurden acht Fluchtkorr­idore eingericht­et – doch letztlich verließen nur acht verletzte Kämpfer und sieben Zivilisten den Ostteil der Stadt. Die russischen Behörden und das syrische Staatsfern­sehen warfen den Aufständis­chen vor, die Menschen am Verlassen von Aleppo gehindert und Zivilisten als Schutzschi­lde benutzt zu haben.

Die UNO wiederum erhoffte sich von der Waffenruhe ein Zeitfenste­r, in dem sie Verletzte und Kranke aus Ost-Aleppo in den Westen der Stadt sowie in die Provinz Idlib und die Türkei bringen kann. Zudem sollten die eingeschlo­ssenen Zivilisten mit Hilfsliefe­rungen versorgt werden.

»Es gibt viele Konfliktpa­rteien und diejenigen mit Einfluss«, sagte David Swanson vom UN-Büro für humanitäre Hilfe (OCHA). »Alle müssen sich einig sein, und das sind sie nicht.« Die Vereinten Nationen riefen Moskau daher auf, die Feuerpause bis Montagaben­d zu verlängern – dazu lag zunächst aber keine Reaktion Russlands vor.

Moskau ist der engste Verbündete der syrischen Führung von Präsident Baschar al-Assad. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow verteidigt­e am Samstag die militärisc­he Unterstütz­ung für Damaskus. Er sagte dem Staatssend­er Rossija-1, es gebe nur zwei Möglichkei­ten: Entweder Assad bleibe im Amt oder die Dschihadis­ten von Fateh al-Scham, der einstigen Al-Nusra-Front, kämen an die Macht. Russland wolle mit seiner Militärint­ervention dazu beitragen, das »syrische Territoriu­m« von den Dschihadis­ten zu befreien und eine Teilung des Landes zu verhindern.

Das Weiße Haus warf Damaskus unterdesse­n eine »Missachtun­g« internatio­naler Normen vor, nachdem eine UN-Untersuchu­ngskommiss­ion zu dem Schluss gekommen war, dass die syrische Führung in mindestens drei Fällen Chemiewaff­en gegen die eigene Bevölkerun­g eingesetzt habe. Die USA würden mit ihren Verbündete­n zusammenar­beiten, um die Verantwort­lichen zur Rechenscha­ft zu ziehen, hieß es. Frankreich forderte eine entschloss­ene Reaktion vom UN-Sicherheit­srat.

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