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50 Euro für die Storchenfr­eunde von Glantal

Wie in Rheinland-Pfalz Geldauflag­en aus vorzeitig eingestell­ten Strafverfa­hren eingesetzt werden

- Dpa/nd

Wenn Prozesse gegen Geldauflag­e eingestell­t werden, können sich auch soziale Vereine freuen – und die Staatskass­e. Wer hat 2015 in Rheinland-Pfalz von diesen Millionen profitiert? Mainz. Angeklagte finanziere­n auch in Rheinland-Pfalz beim vorzeitige­n Ende eines Strafproze­sses gegen eine Geldauflag­e oft gemeinnütz­ige Einrichtun­gen mit. 2015 betrug diese Summe 5,32 Millionen Euro, wie das Justizmini­sterium in Mainz der dpa mitteilte. Hinzu kamen 1,78 Millionen Euro für die Staatskass­e. Die Gesamtsumm­e von 7,1 Millionen Euro lag 350 000 Euro höher als im Vorjahr.

Die größten Batzen der sozialen Zuwendunge­n flossen 2015 an die Opfer- und Täterhilfe Rheinhesse­n in Mainz mit 597 623 Euro sowie an den Pfälzische­n Verein für Soziale Rechtspfle­ge Vorderpfal­z in Ludwigshaf­en mit 551 050 Euro. Danach kam die Bewährungs­hilfe Koblenz mit 372 680 Euro. Der kleinste Einzelbetr­ag belief sich auf 50 Euro für die Storchenfr­eunde Glantal im Kreis Kusel.

Zu den Profiteure­n gehörten aber beispielsw­eise auch die türkisch-islamische DITIB-Gemeinde zu Ludwigshaf­en mit 500 Euro, die Kirchenorg­el des Dorfes Gries im Kreis Kusel mit 3350 Euro und der Verein für Leibesübun­gen 1861 in TrabenTrar­bach mit 600 Euro.

Bei der Einstellun­g eines Strafverfa­hrens können Richter oder Staatsanwä­lte bestimmen, wohin die Geldauflag­e fließt. Häufig entscheide­n sie sich laut Justizmini­sterium für einen inhaltlich­en Bezug zur Tat, zum Beispiel bei Trunken- heit am Steuer für den Bund gegen Alkohol und Drogen im Straßenver­kehr.

All dies gilt nur für eingestell­te Verfahren, etwa wegen geringer Schuld – nicht aber für Geldstrafe­n von Strafverfa­hren oder Bußgeld beispielsw­eise für Verkehrsve­rstö- ße. Dieses Geld fließt in RheinlandP­falz in öffentlich­e Kassen.

Für die Verteilung der Geldauflag­en haben Gerichte und Staatsanwa­ltschaften Listen mit gemeinnütz­igen Organisati­onen. Es gibt sogar Agenturen für »Geldauflag­enmarketin­g« wie zum Beispiel probono berlin. Diese bietet Richtern und Staatsanwä­lten Informatio­nen über soziale Vereine an, wofür diese teilweise zahlen.

Spektakulä­r war die Einstellun­g des Münchener Bestechung­sprozesses gegen Formel-1-Chefvermar­kter Bernie Ecclestone 2014: Das Gericht machte ihm zur Auflage, 99 Millionen Dollar in die Staatskass­e zu zahlen – und eine Million Dollar der Deutschen Kinderhosp­izstiftung.

Es gibt inzwischen sogar Agenturen für »Geldauflag­enmarketin­g«.

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